Eine afrikanisch-amerikanische Familiensaga

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herbstrose Avatar

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Effia und Esi sind Schwestern, kennen sich jedoch nicht und wissen auch nichts von der Existenz der anderen. Während Effia bei ihrem Vater und Stiefmutter im Stamme der Fante aufwächst, lebt Esi bei ihrer Mutter und Stiefvater im verfeindeten Stamm der Asante. Als die Engländer Mitte des 18. Jahrhunderts in Ghana einfallen, kooperieren die Fante bald mit ihnen. Effia wird mit einem Engländer verheiratet und wohnt nun in Cape Coast Castle, einer Festung, in deren Verlies die gefangenen Schwarzen bis zu ihrer Verschiffung als Sklaven eingesperrt werden.

Von den Asante werden viele Stammesangehörige, unter ihnen auch Esi, gefangen genommen und als Sklaven nach Amerika verschickt, wo sie unter unwürdigsten Bedingungen auf den Baumwollfeldern und in Kohlegruben ums Überleben kämpfen. Während Effias Nachfahren über Generationen in einem gewissen Wohlstand leben und vom Sklavenhandel profitieren, müssen Esis Nachkommen über Jahrhunderte als Leibeigene in Amerika schuften. Erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts beginnt sich langsam einiges zu ändern …

„Heimkehren“ ist der Debütroman der jungen, 1989 in Ghana geborenen und in den USA aufgewachsenen, Autorin Yaa Gyasi. Das Buch erschien im April 2017 unter dem Titel „Homegoing“ zuerst in den USA und erhielt bereits von National Book Critics Circle den Preis „Best First Book“ und steht auf der Shortlist für PEN/Robert W. Bingham Prize for Debut Fiction. Die Autorin studierte Englische Literatur an der Stanford University und lebt in den USA.

Anhand zweier Familiengeschichten, die in Ghana etwa Mitte des 18. Jahrhunderts beginnen, schildert Yaa Gyasi sehr eindringlich die Rechtlosigkeit und die Unterdrückung, die die schwarze Bevölkerung erleiden musste und teilweise bis in die heutige Zeit noch erleiden muss. Man erlebt mit ihnen Sklaverei, Rassenhass, Bürgerkriege und Aufstände. Dabei wird dem Leser auch klar gemacht, dass daran nicht nur die Weißen Schuld tragen, sondern die Kriege und Fehden der verschiedenen schwarzen Stämme untereinander ein Großteil zum Sklavenhandel beigetragen haben. Hin und her pendelnd zwischen den beiden Zweigen der Familie über sieben Generationen hinweg widmet die Autorin jeweils einem Nachkommen ein Kapitel. Diese sind meist sehr kurz gehalten, so dass der Leser ständig mit einer geballten Ladung unerträglichen Leids und tragischen Schicksals konfrontiert wird.

Was ich anfangs noch spannend und interessant fand, wurde im Verlauf der Geschichte doch ziemlich anstrengend. Hätte ich nicht hinten im aufgeführten Stammbaum nachsehen können, wäre mir der Überblick öfters total verloren gegangen. Leider litt dadurch auch der Lesefluss. Für mein Empfinden wurde in die Geschichte zu viel rein gepackt, zu viele Familien, zu viele Einzelschicksale, zu viel Tragik und zu viel Leid. Da konnte mich auch ein versöhnlicher Schluss nicht mehr überzeugen, der für mich einem konstruierten Zufall gleichkommt.

Fazit: Ein durchaus lesenswertes Buch, das durch flüssigen Schreibstil und gut rekonstruierte geschichtliche Tatsachen überzeugt, vom Leser aber ein gewisses Maß an Konzentration erfordert und ihn recht nachdenklich zurück lässt.