Nachkommen

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buecherfan.wit Avatar

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Yaa Gyasis Debütroman “Heimkehren“ erzählt die Geschichte der Halbschwestern Effia und Esi und ihrer Nachkommen über sieben Generationen, von der Mitte des 18. bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts. Die Schwestern begegnen einander nie und dennoch sind sie für kurze Zeit einander räumlich sehr nahe, als Effia den reichen britischen Geschäftsmann und Gouverneur James Collins heiratet und in der Festung Cape Coast Castle lebt und ihre Halbschwester dort im unterirdischen Verlies auf ihre Verschiffung nach Amerika wartet.
Die erst 26jährige aus Ghana stammende Autorin erzählt einmal mehr die Geschichte des Sklavenhandels und seiner Folgen für Sklavenhändler und Versklavte. Neu war für mich, in welchem Maße die Afrikaner selbst an diesem lukrativen Geschäft beteiligt waren. Kriegerische Stämme – hier die Asante und die Fante – hatten einander schon immer erbittert bekämpft. Nun wurden die Gefangenen, aber auch andere missliebige Personen an den Meistbietenden verkauft, in der Regel an die Engländer. Dabei gingen die Schwarzen nicht weniger unmenschlich und grausam mit ihren Landsleuten um als die weißen Händler und Soldaten.
Gyasis wählt eine komplizierte Erzählstruktur für ihren Roman. Kapitelweise wechselnd und immer zur jeweils folgenden Generation springend erzählt sie die Geschichte der Halbschwestern und ihrer Nachkommen, wobei sie immer einen direkten Nachfahren und seine Perspektive in den Mittelpunkt stellt. Das ergibt immer neue Schauplätze und eine Vielzahl von Personen. Ohne den Familienstammbaum am Ende des Buches würde der Leser schnell den Überblick verlieren. Der Verzicht auf eine zentrale Figur und Erzählkontinuität ist auf jeden Fall etwas gewöhnungsbedürftig. Dennoch ist der Autorin ein berührender Roman gelungen, der das unendliche, von der Sklaverei verursachte Leid für den Leser spürbar macht und ihm vor Augen führt, dass die Schwarzen noch heute unter den Folgen leiden. Mich hat der gut recherchierte und hoch interessante Roman überzeugt.