Dr. Faustus residiert an der Westküste

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
lösör Avatar

Von

Passend zum 150-jährigen Mann-Jubiläum legt Martin Mittelmeier seinen Roman vor über eine Zeit in Thomas Manns Leben, die in Deutschland doch insgesamt, allein schon aufgrund der geographischen Distanz, weniger präsent ist: sein Exil in den USA.
Dort arbeitete Mann, schon allein aufgrund seines Lübecker Meisterwerks ein bekannter Schriftsteller, an seinem nächsten großen Stück. Dr. Faustus, die berühmte Vorlage des Weimarer Literatengigantes, soll mit neuem Leben gefüllt werden. Dabei greift Mann auch immer wieder auf die Begegnungen in der USA zurück. So wird wohl ein Denker aus der Frankfurter Schule, der sich nicht nur mit seinem besten Freund über die Aufklärung mit ihren Fallstricken arbeitete, sondern sich auch sehr gut mit Musik auskannte, eine prägende Rolle in Manns Leben wie auch Schaffensprozess in dieser Zeit gespielt haben. Und das alles begleitet durch einen US-amerikanischen Geheimdienst, der in jedem Flüchtling eines potentiellen Agenten des Kommunismus sah…
Mittelmeier versucht, lebendig in diese Zeit hineinzuführen. Parallelen zu Safranski tuen sich beim Lesen auf: eine Einführung in das Leben, eine Orientierung an den Fakten und doch eine literarische Freiheit, die auch das Lesen angenehm macht.
Im Gegensatz zu diesem Vorbild bleibt Mittelmeier jedoch in seiner Sprache etwas holprig und auch die Tiefe in die zeitgeschichtliche Situation lässt manchmal etwas zu wünschen übrig. Trotzdem eine schöne Ergänzung zu den vielen Mann-Werken dieses Jahres! 4/5*