Gute Unterhaltung

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silke2207 Avatar

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Essen im Jahr 1948, das Land ist schwer gebeutelt nach dem Weltkrieg und jeder kämpft nach wie vor ums Überleben. In einem Hinterhof wird die Leiche der Hausbesitzerin Adelheid Hoffmann gefunden. Als Inspektor Carl Bruns zu diesem Einsatz gerufen wird, ahnt er nicht, dass er während den Ermittlungen seiner eigenen Vergangenheit begegnen wird. Denn Frau Hoffmann war Friedas Schwiegermutter und Frieda ist Annes kleine Schwester, Carls erste große Liebe. Während der Ermittlungen trifft er auf viele Ereignisse aus der Zeit vor Kriegsende, denn Hoffmanns Sohn ist ein gesuchter Kriegsverbrecher und auch sonst scheint es viele Geheimnisse um die Hoffmanns zu geben.
Ich kenne bereits andere Romane der Autorin Eva Völler und war dementsprechend gespannt darauf, wie ein historischer Krimi aus ihrer Feder wohl sein wird.
Der Einstieg fällt dank des leichten und flüssigen Schreibstils sehr leicht und es wird auch gleich recht spannend. Eva Völler erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven aus der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg. Die Ermittlungen, aber auch die ein oder andere private Angelegenheit verfolgt man durch Protagonist Carl Bruns, aber auch Anna, deren Schwester Frieda und der ein oder andere Nebencharakter wird mal in den Vordergrund gerückt. Das machte allerdings den Überblick zu behalten nicht immer leicht und sorgte auch im Mittelteil für einige Längen.
Was allerdings wirklich gut eingefangen wurde, ist die Grundstimmung des Buches, das zwangsweise Einquartieren völlig Fremder im eigenen Haus, der Schwarzmarkt und so einiges mehr. Auch das Lokalkolorit war äußerst lebhaft, der Ruhrpott wurde wirklich gut gezeichnet und vor allem Charaktere, die im breiten Dialekt sprachen, brachten mich ein wenig zum Schmunzeln, da ich die Gegend kenne und nicht weit von dort entfernt lebe.
Das Buch wird als Krimi mit historischem Hintergrund genannt und ja, es gibt sowohl einen Ermittler als auch den Mord. Allerdings spielt hier noch sehr viel mehr mit rein, wie z.B verschiedene Familiengeschichten. Das nahm hin und wieder zuviel Tempo aus der Handlung. Es war zwar nicht langweilig, aber man musste am Ball bleiben, um die Handlungsstränge miteinander in Verbindung zu setzen. Trotz dem etwas längeren Mittelteil gab es dann doch noch unvorhergesehene Wendungen, mit denen mich die Autorin überraschen konnte.
Die Charaktere sind sehr detailliert ausgearbeitet, vor allem natürlich die Protagonisten Carl und Anne. Carl war mir mit seiner ruhigen und teilweise schon zurückhaltenden Art sehr sympathisch. Aber auch Anne mochte ich, die sich schon immer für ihre Familie aufgeopfert hat. Die Dynamik zwischen den beiden fand ich absolut passend und stimmig. Insgesamt sind die Charaktere sehr vielschichtig und glaubhaft angelegt und konnten überzeugen.
Mein Fazit: ein insgesamt guter, historischer Krimi, der mit guten Recherchen über die Zeit, den hervorragenden Charakteren und einer Menge Ruhrpott Atmosphäre punkten konnte. Der Beginn war leicht und spannend und auch zum Ende hin gibt es nochmal viel Tempo, nur in der Mitte zog es sich zu sehr, so dass meine Aufmerksamkeit immer wieder abdriftete. Trotzdem ein gelungenes Buch, das für gute Unterhaltung sorgt und ich Fans historischer Geschichten gerne empfehle.