Schuld und Sühne

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Mit ihren historischen Romanen hat Eva Völler die Bestseller-Listen gestürmt. Nun wagt sie sich an ein neues literarisches Genre. Mit ihrem Buch "Helle Tage, dunkle Schuld" legt sie ihren ersten historischen Krimi vor, welcher den ersten Band der Reihe "Kriminalinspektor Carl Bruns" bildet.

Das dezente Cover ist in hellen und dunklen Farbtönen gehalten. Im Fokus steht eine Frauengestalt, die - im Gehen begriffen - einen forschenden Blick über ihre Schulter blickt. Unwillkürlich fragt man sich, ob sie sich von einer anderen (nicht sichtbaren) Personen verfolgt und beobachtet fühlt. Perfekt darauf abgestimmt ist der Titel "Helle Tage, dunkle Schuld", welcher das zentrale Motiv des Romans wieder aufgreift.

Zeitlich gesehen, lässt sich dieser historische Krimi 1948, kurz vor der Währungsreform, verorten. Er spielt weitgehend in Essen, einer vom Bergbau geprägten Stadt mitten im Ruhrgebiet, die durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zu großen Teilen in Schutt und Asche gelegt worden ist.

Eva Völler thematisiert die (Nicht-) Aufarbeitung von NS-Verbrechen, am Beispiel eines Massakers an Zwangsarbeitern, begangen in den letzten Tagen des Dritten Reiches. Viele Polizisten sind in die Massenmorde verstrickt und haben eine schwere Schuld auf sich geladen; dennoch werden sie nicht zur Verantwortung gezogen, sondern größtenteils von ihren Taten entlastet und wieder auf ihren alten Posten installiert. Lästige Mitwisser*innen sind unerwünscht, sie müssen zum Schweigen gebracht werden, wenn sie gefährlich werden können. Gleichzeitig zeigt Eva Völler das verzweifelte Streben der Überlebenden nach einem Neubeginn. In den Wirren des Krieges haben sie alles verloren, nun sehnen sie sich nach einem Hauch von Normalität, während die Welt um sie herum noch in Trümmern liegt. Durch den Wiederaufbau mischen sich helle Strahlen der Hoffnung in das Schwarz der Ruinen. Mit ihren (Un-) Taten in der Vergangenheit möchten sie sich nicht auseinandersetzen; für sie zählt einzig und allein das Hier und Jetzt.

Mich hat das atmosphärisch dichte, vielschichtige Werk von Eva Völler begeistert. Es ist eine mitreißende, spannende Mischung aus historischem Krim und Roman, spiegelt die Zeitgeschichte und lässt eine längst vergangene Epoche mit Hilfe von authentisch wirkenden Protagonisten lebendig werden. Sie sind interessante, gebrochene Charaktere, die selbst dunkle Geheimnisse hüten, nicht immer frei von eigener Schuld. Hell und Dunkel vermischen sich in den literarischen Figuren, wie man es schon aus dem vielsagenden Titel des Buches erahnen kann. Aus diesem Grunde gibt es von mir eine ausdrückliche Lese-Empfehlung!