Alte Liebe rostet nicht

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cara_11 Avatar

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Alte Liebe rostet nicht
Da ist mächtig was los auf der Polizeidienststelle Mistelbach.
Beim Skifahren an seinem freien Tag bekommt Kommissar Wallner von einem Unbekannten Koordinaten übermittelt. Die Neugierde treibt ihn zum Zielpunkt, wo er ein prominentes Mordopfer – den Abgeordneten Philipp Gansel – auffindet. Und nicht nur das. Auch den Kollegen Kreuthner, der mit seinen unkonventionellen Methoden nicht nur Freunde bei der Polizei hat, trifft Wallner am Tatort.
Wallner ermittelt unter Hochdruck, v.a. die neue Chefin der Polizeidienststelle Karla Tiedemann, die sich ein Wichtigkeitsgemetzel mit dem Staatsanwalt liefert, erwartet prompte Ergebnisse.
Leider deuten alle Fäden auf Kreuthner als Mörder hin – wobei der Leser schon sehr viel früher als die Polizei erfährt, dass Kreuthner mit seinen Freunden dem späteren Opfer zwar einen Denkzettel verpassen wollte (was ziemlich daneben ging), aber ein tatsächliches Motiv, weshalb Kreuthner jetzt und an dieser Stelle den Mann seiner Jugendliebe ermorden sollte und wieso er dann auch noch Wallner auf die Leiche ansetzt, lässt sich nicht erkennen. Auch wenn wir nach und nach erfahren, dass eine ergaunerte Einladung zum Geburtstag des Abgeordneten Kreuthner wieder in die Nähe seiner Jugendliebe führte und ihn auf die Idee mit der Abreibung brachte. Doch gleich Mord? Und wenn Mord, wieso nicht im Rahmen dieser Bestrafungsaktion?
Die sehr früh ausgelegte Spur auf eine aus dem Rahmen gelaufene Drogenpartie, wo der Abgeordnete noch ein unwichtiger Hansl in der zweiten Reihe war, verläuft allerdings trotz Kreuthners Bestrebungen, den Mörder auf eigene Faust zu finden, im Sand, wobei aufgrund der Bemühungen wenigstens für dieses alte ungesühnte Verbrechen noch eine Bestrafung erfolgt. Und auch der tatsächliche Mörder wird schlussendlich überführt – wobei mir die Aufklärung des Verbrechens etwas zufällig erschien.
Der Charakter des Polizisten Kreuthner hat mich erst ein bisschen verärgert. Ein korrupter Polizist, der sich sein Gehalt durch Schwarzbrennerei und kleine Gaunereien ausbessert, als Jugendlicher durch Autodiebstahl geglänzt hat und speziell mit den Freunden aus der Waldschenke absolut keine Vorbildfunktion hat – naja. Er hat aber auch ein weiches Herz und seine guten Momente, v.a. wenn er mit Opa Manfred zu tun hat. Und das macht ihn wieder sympathisch und lässt ihn manchmal auch einfach wie einen großen Lausbuben, der nicht erwachsen werden möchte, erscheinen. Dass Kreuthner offenbar auch kriminelles Blut in den Adern hat, erfahren wir erst sehr viel später – wo er sich auf seiner Flucht plötzlich sehr viel geschickter anstellt als in den meisten Situationen zuvor.
Wallner hingegen, der auf sein privates Glück verzichtete, um Opa Manfred nicht zu verlassen, erscheint von Anfang an ehrlich. Kein Kerl, mit dem man Pferde stehlen möchte, aber äußerst korrekt, manchmal vielleicht zu korrekt. Daher hat es mich sehr verwundert, dass er sich zu Karla Tiedemann hingezogen fühlt, denn die Lady mit ihrem Geltungsbewusstsein und dem Drang zur Veröffentlichung von Ermittlungsinterna erscheint mir höchst suspekt. Und auch ihr privates Scherflein, dass sie zu tragen hat, machte mir die Dame nicht unbedingt sympathischer.
Alles in allem jedoch eine höchst unterhaltsame Lektüre mit viel Lokalkolorit und Charme, v.a. wenn man nur wenige Kilometer vom Ort des Geschehens wohnt und die Wege der Protagonisten recht gut nachvollziehen kann.