Ein großartiges Porträt eines Dorfes, das abseits aller Traditionen in jede verborgene Ecke blickt

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Ingo und Lara sind noch nicht ganz angekommen. Denn hier in Fehrdorf, im holsteinischen Hinterland, kennen alle Einwohner die Eigenheiten ihrer Nachbarn. Bis Ingo eines Abends auf dem Rückweg von seinem fordernden Job in Hamburg einen weißen Hirsch überfährt. Uwe, der Jäger des Dorfes und gleichzeitig Schweinezüchter, erklärt lapidar, dass da nichts mehr zu machen ist und erschießt das Tier. Gleichzeitig klärt er den unwissenden Stadtmenschen darüber auf, dass es als böses Omen gilt, einen solchen zu töten und deshalb nur noch ein Jahr zu leben hat. Und tatsächlich geht es mit Ingo bergab. Seine Ehe kriselt, weil sich Lara unverstanden und alleingelassen fühlt. Im Dorf wird die „Hinzugezogene“ kritisch beäugt und Ingo ist nicht nur körperlich fern, wenn er in Hamburg arbeitet, sondern auch im Homeoffice wünscht er keine Störung. So ist Lara als Einzige für Kinder und Haushalt zuständig. Doch bei den, im Jahreskreis stattfindenden, Festen lernt sie die Frauen des Dorfes näher kennen und knüpft Kontakte, die ihr zeigen, dass das Landleben keineswegs so idyllisch ist.
Ein großartiges Porträt eines Dorfes, das abseits aller Traditionen in jede verborgene Ecke blickt. Denn entgegen aller Klischees findet man auch hier Existenznöte, geplatzte Träume und vor allem viel Unausgesprochenes in den Familien. Die Schriftstellerin führt einfühlsam und warmherzig durch die Strukturen der Beziehungen. Obwohl es keinen zentralen Höhepunkt des Romans gibt, fühlte ich mich wunderbar unterhalten.