Schein und Sein
Lara und Ingo sind mit ihren Kindern von Hamburg aufs Land gezogen. Das große Glücksgefühl hat sich daraus aber für sie nicht ergeben. Lara hatte auf Anschluss und unkomplizierte Zugehörigkeit in der ländlichen, dörflichen Gemeinschaft gehofft. Das war aber kein Selbstläufer. Ingo macht die weite Pendelstrecke nach Hamburg zu schaffen. Mit dem ersehnten Idyll hapert es ganz deutlich. Alle – auch die Dorfbewohner, die nach und nach vorgestellt werden – kämpfen und hadern, mal mehr mal weniger, mit ihren Leben. Und dann läuft Ingo noch eine weiße Hirschkuh vors Auto. Ob die Dorfbewohner daran glauben, dass das den Tod innerhalb eines Jahres für die Person, die die Hirschkuh getötet hat bedeutet (und: Ingos Tod? Oder Uwes Tod?), oder überzeugt sind, dass das nur Aberglaube ist – der Vorfall wirkt wie ein Katalysator, das Gefüge wankt. Martina Behm erzählt in ihrem Romandebut nicht nur von den zugezogenen Städtern, sondern auch so einiges über die Dorfbewohner und Dorfbewohnerinnen. Allen zieht sie ein Stück weit die Maske vom Gesicht und zeigt die Doppelbödigkeiten ihrer Leben. Ihr gelingt es, die Befindlichkeiten der handelnden Personen - die Diskrepanz zwischen Sein und Schein - im Detail auszuleuchten. Ein ruhiger, aber wegen der Genauigkeit des Blicks wirklich interessanter Roman.