Stadt oder Land?

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ellinorliest Avatar

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Stadt oder Land? Wo würdet ihr lieber leben? Mir persönlich sind der Stadtrand oder die Vororte am liebsten: man ist nah an der Natur, genießt aber auch die Vorzüge wie Einkaufsmöglichkeiten oder kurze Wege zu Schule, Ärzten etc. Gleichzeitig kennt man die Leute, genießt aber dennoch eine gewisse Anonymität.
In Hier draußen haben Lara und Ingo den Schritt gewagt und sind aus der Hamburger Reihenhaussiedlung auf einen Resthof irgendwo in Schleswig-Holstein gezogen. Sie wollten mehr Platz, vor allem für die Kinder. Lara arbeitet vom Home Office aus, Ingo pendelt. Eigentlich wollten sie auch einen Coworking-Space eröffnen, doch bis jetzt wurde nichts daraus. Ganz so idyllisch wie sich die beiden das Landleben vorgestellt haben, läuft es allerdings nicht. Ingo ist von der vielen Fahrerei stark gestresst, Lara fühlt sich oft einsam und findet nicht so recht Anschluss im Dorf. Dann fährt Ingo eines Tages auf dem Heimweg eine Hirschkuh an, die nun erschossen werden muss. Der herbeigerufene Jäger Uwe macht dies aber nur gemeinsam mit Uwe. Denn wer eine Weiße erschießt, so weiß es der örtliche Aberglaube, ist selbst innerhalb eines Jahres dran.
Hier draußen zeigt sehr gekonnt die unterschiedlichen Aspekte des Landlebens auf. Der enge Zusammenhalt der Einheimischen, wobei allerdings auch jeder und vor allem jede seine oder ihr Aufgabe zu erfüllen hat und auch am jeweiligen Platz zu bleiben hat. Da ist zum Beispiel Tove, die schon seit Jahren unter ihrem Mann leidet, aber bei ihm bleibt, weil man das halt so macht. Maggie hat ins Dorf hineingeheiratet, ist dort sehr glücklich. Sie ist diejenige, die sich am stärksten um die Organisation von Festen und dergleichen kümmert, um nur ja dazuzugehören und akzeptiert zu werden. Jutta lebt mit Armin in einer alten Schmiede. Die beiden sind der Rest einer freigeistigen WG und mittlerweile fester Bestandteil des Dorfes, auch wenn sie manchmal noch etwas skeptisch beäugt werden.
Die Geschichten all dieser Personen beschreibt Martina Behm in ihrem Debüt. Sie macht dies erzählerisch sehr schön, immer mit wechselnden Perspektiven, teilweise mit Rückblicken. Dabei schafft sie es, die einzelnen Personen sehr lebensnah und vielseitig darzustellen. Besonders die Frauen stehen im Vordergrund, mit ihrer ganzen täglichen Belastung durch die Carearbeit. Aber auch die Männer sind durch die unterschiedlichsten Dinge belastet. Ein sehr gut zu lesender Roman, der lediglich in der Mitte etwas knapper gehalten werden könnte.