Trügerische Idylle

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rebeccawinter Avatar

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Das gebundene Buch mit gelbem Lesebändchen, passend zur Titelschriftfarbe, in lodengrünem Pappband hat einen Schutzumschlag mit der Zeichnung eines weißen Damtieres. Hier zeigt der dtv-Verlag eine äußerst stimmige Gestaltung des Romans von Martina Behm „Hier Draussen“.
Im Roman geht es um die Dorfgemeinschaft des fiktiven Ortes Fehrdorf, eine landwirtschaftlich geprägte Gemeinde in der Holsteiner Schweiz. Hier konzentrieren sich die Probleme des zugezogenen Paares Lara und Ingo mit ihren beiden Kindern sowie die der einheimischen Landwirte und ihrer Familien. Es geht um die Enttäuschung der Stadtbewohner, dass das Landleben wenig dem romantischen Country-Stil entspricht. Es geht um die landwirtschaftlichen Probleme, durch ökonomisch geschuldete automatisierte Tierhaltung. Es geht vor allem um die Beziehungen der Menschen zueinander: der Paare, die sich entfremdeten, um soziale Gruppenzwänge.
Dass all das in einem einzigen Dorf angesiedelt ist, macht den Ort Fehrdorf zu einem eigenen Kosmos. Diese Gesamtsituation ist nicht unbedingt realistisch, aber die geschilderten Situationen, Probleme und Personen sind es unbedingt. Martina Behm schreibt ganz unaufgeregt und authentisch. Dabei gibt es sehr humorvolle Szenen, jedoch auch solche, wo es einem ganz eng im Hals wird.
Der Plot steigert sich zu einer bedrückenden, verzweifelten Stimmung – und zeigt dann doch Hoffnung und Lösungen.
Mich haben vor allem die weiblichen Figuren sehr beschäftigt. Wie weit kann man sich selbst zurücknehmen, um eine Partnerschaft stabil zu halten und sich selbst treu bleiben? Die Fragen, wann und wodurch sich langjährige Beziehungen zu ihrem Nachteil verändern, wie sehr sie durch das Dorfgefüge beeinflusst werden.
Ein sehr guter Roman, der erzählt, wie es auf dem Dorf zugeht. Ungeschönt, und trotzdem schön.