Honni vs. Realität

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dartmaus Avatar

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Das Cover des Buches hat schon etwas humorvolles, aber auch geschichtsträchtiges an sich.
Jeder Ostalgie Fan wird es in die nehmen, ob es dann auch jeder liest, sei dahingestellt.

Zum Inhalt: Wer hätte das gedacht? Erich Honecker lebt. Sein Tod 1994 wurde nur vorgetäuscht, damit er in Chile zurückgezogen leben kann. Und das tut er dann auch. Allerdings gibt es in seinem neuen Leben immer mehr Dinge des „Kapitalismus“ mit denen ausgerechnet er , der das Bild des Sozialismus war, zurecht kommen muß. Das auch seine Tochter und sein Enkel dem feindlichen Luxus fröhnen macht ihn zeitweise sehr unglücklich. Aber das hält ihn nicht davon ab, immer wieder in alte Muster zurückzufallen, auch wenn er seine Reden nur noch für Margot und seinen Chaffeur oder auch seinen Nachbarn hält. Auch an seiner DDR Markt hält er trotz Wertlosigkeit immer noch fest und hofft auf Unterstützung ehemaliger „Genossen“.

Meine Meinung: Anfangs hatte ich Tränen vor Lachen in den Augen. Wie aus der heutigen Sicht jemand so Weltfremd sein kann. Doch im Hinterkopf, dann die Tatsache „er hat es so gemeint und es war so“ und das ist dann wiederum sehr grausam. Die Tagebucheintragungen sind teilweise relativ kurz und dann auch wieder etwas länger. Meist kann man sich ein Grinsen nicht verkneifen, doch in einigen Situationen hat man Tränen in den Augen, wenn man liest mit welcher Selbstverständlichkeit Honni und seine Leute, die Menschen in der ehemaligen DDR überwachten und ggf. nach Bautzen etc brachten oder notfalls auch töteten. Das ist die traurige Realität.
In einigen Eintragungen liest von von den Beziehungen zu Kohl, den er als Lügner bezeichnet, und seine Meinung über Gerhard Schröder, der bei ihm hoch angesehen war. Auch als Angela Merkel (als Kind des Ostens) in den CDU Vorstand kam, wird von ihm argwöhnisch beäugt. Im Großen und ganzen kann man sagen. In diesem Buch erhält man einen Rückblick der letzten 20 Jahre gespickt mit einer gewissen Portion Ostalgie.
Insgesamt ein gelungenes Werk, wenn man von einigen echt nervigen Wiederholungen (Weihnachten, Silvester, Verlegen der Brille) absieht. Die lassen das Buch zeitweise echt langweilig wirken, weil es jedes Jahr den gleichen Streit wegen Weihnachten gibt, jedes Jahr am 1. Januar sind die beiden Honecker krank etc.
Diese Eintragungen hätte man vielleicht ab dem dritten Jahr weglassen sollen.

Mein Fazit: Ein gelungener Roman, den ich allerdings nicht jedem empfehlen kann. Man sollte schon ein gewisses Ostalgie Feeling besitzen, denn sonst ist man relativ schnell genervt. Da ich aber bis auf die oben erwähnten Wiederholungen von dem Buch überzeugt bin, bekommt es von mir 4 Sterne.