leider enttäuschend

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courfeyrac Avatar

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Der erste Eindruck war sehr positiv. Die Grundidee, dass Erich Honecker seinen Tod nur vorgetäuscht hat und noch mit 103 Jahren fröhlich weiter Tagebuch schreibt, kann unterhaltsamen Lesestoff ergeben. Die Leseprobe fand ich auch entsprechend originell. Dabei war es vor allem die Vorgeschichte sowie einige pointierte Kommentare zum Geschehen in Deutschland in der Zeit nach Honeckers „vermeintlichem“ Tod, die gefielen.
Als das Buch ankam stellte es sich als schönes Taschenbuch mit aufwändig gestaltetem Umschlag heraus. Auf den 270 Seiten ist stets das Datum des Tagebucheintrags durch besondere Schriftart und Größe hervorgehoben. Die Jahre sind voneinander getrennt. So wird das ganze recht übersichtlich. Den Tagebucheinträgen ist ein Vor- und Nachwort des Herausgebers Jorge Nicolás Sanchez Rodriguez beigefügt, der erklärt, wie es zur Veröffentlichung kam.
Über den real existierenden Autor des Werkes erfährt man nichts.
Das Lesen zog sich dann jedoch sehr in die Länge, kostete mich stets mehr Überwindung. Ich empfand die Darstellung der Honeckers zunehmend platter. Eine, wenn auch nur altersbedingte, Entwicklung der Charaktere über die Jahre war nicht wahrzunehmen, abgesehen von ein paar Arztbesuchen und verlegten Brillen. Die Honeckers werden als kauzig-, verschrobenes altes Ehepaar dargestellt, und kommen über das Niveau deutscher Sitcom-Versuche nicht heraus.
Es werden viele bundes- und weltpolitische Ereignisse aus den Jahren 1994-2015 aufgezählt und aus Honeckers Sicht und Verständnis heraus kommentiert. Der immer gleiche Tonfall und die sehr engstirnige Sicht, die ich nicht mal dem greisen Honecker unterstellen würde, empfand ich zunehmend als ermüdend, ja sogar ärgerlich.
Es ist ein Buch, das aufgrund der Idee und der Aufmachung in den Buchhandlungen sicher Aufmerksamkeit erregt, am Ende jedoch nicht zu überzeugen vermag.
Schade, eine gute Politsatire wäre schön gewesen.