Witzig und charmant

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Zum 3688. Mal lehnen Franzis Eltern den Wunsch ihrer Tochter nach einem Handy ab. Franzi führt nämlich eine Strichliste darüber, so wie übrigens auch über eine ganze Reihe anderer Sachen. Ihr dringlichster Wunsch ist es, ein eigenes Handy zu besitzen, denn damit erhofft sie sich, auch dazu zu gehören und Freunde zu finden. Endlich, nach dem Wechsel aufs Gymnasium, erfüllen die Eltern ihren Wunsch und sie bekommt ein gebrauchtes Smartphone, welchem daraufhin eine Art Flaschengeist entsteigt, der sich als Dandy Smart vorstellt. Und damit fangen die Probleme eigentlich erst an.
Die Geschichte wird aus Franzis Sicht erzählt. Dadurch fühlt der Leser gleich Franzis Unzufriedenheit und ihre verletzten Gefühle mit, wenn sie wieder einmal in den Diskussionen mit den Eltern den Kürzeren zieht oder sich dem Spott und Hohn ihrer Mitschülerinnen ausgesetzt sieht.
Zunächst habe ich befürchtet, dass der Text sich ein wenig zu klischeehaft in die Richtung entwickeln könnte „wer kein Handy hat, hat auch keine Freunde“. Aber dann entfaltet das Buch, wie alle Bücher von Rüdiger Bertram, die wir bisher gelesen haben, seinen ganz eigenen Charme. Langsam, aber bestimmt kommen zu der ersten inhaltlichen Ebene „Handy gleich Freundschaft“ weitere dazu und der junge Leser lernt, dass auch der Besitz eines Handys nicht des Rätsels letzte Lösung ist. Franzi ist nämlich auch mit Handy nicht in die Klassengemeinschaft integriert, ebenso wenig wie ihre Grundschulfeindin Caprice, die an ihrer neuen Schule auch keine Freunde findet, obwohl sie bereits seit längerem ein Handy besitzt. Durch eine überraschende Wendung werden beide Freundinnen und es wird ihnen klar, was Freundschaft wirklich bedeutet.
Mir persönlich gefällt auch, dass Franzis Wunsch nach einem Handy zwar erfüllt wird, sie aber dennoch lernt, dass man nicht immer alles bekommen kann, was man gerne hätte, da ihr Handy ein gebrauchtes ist und nicht das neuste Modell.
Dabei helfen natürlich auch die wunderbaren Illustrationen von Ka Schmitz, die zum Beispiel Franzis Freude über das neue Handy so zugespitzt darstellen, dass sie zugleich relativieren und belustigen (S. 25). Die Illustrationen sind insgesamt sehr ansprechend gestaltet und prima in den Text integriert. Mehr noch, sie unterstreichen im richtigen Moment den Text. Die Charaktere wirken dadurch lebendiger und noch liebenswerter,
besonders Franzi. Franzi ist überhaupt ein toller Charakter. Sie wünscht sich zwar nichts mehr als ein Handy, sie liebt aber trotzdem Bücher und ihren Hamster Theo und hat aufgrund ihres erfolgreichen Lernens bereits beachtliche Werte für eine Fünftklässlerin („Die Menschen brauchen keine Diktatoren, die sollen frei sein.“). Besonders schön ist die Stelle, an der sie ihrem Handy Dan eine Gute-Nacht-Geschichte vorliest und dieser gebannt zuhört. Es wird klar, dass es Dinge gibt, die ein Handy nicht ersetzen kann und soll, zum Beispiel das Lesen eines Buches abends im Bett.
Die Figur der Lady Ballerina ist sehr schräg, aber für eine Superschurkin auch irgendwie liebenswert. Die Kinder jedenfalls finden sie richtig witzig und können sich sogar teils mit ihr identifizieren. Sie hat auch etwas Kindliches, ihre Geschichten scheinen erfunden und ihr Ballettoutfit als Superschurkenkostüm ist eher süß als bedrohlich. Und da ihre Fantasie von der Weltherrschaft auch eher kindlich präsentiert
wird, ist sie für die Kinder gut zugänglich und richtig sympathisch. Sie möchte „die Bestimmerin“ sein. Genau wie Lady Ballerina lieben Kinder die Vorstellung, dass mal alle tun müssen, was sie sagen. Wenn dann auch noch zwei Kinder diesen Plan erfolgreich vereiteln, sind der Begeisterung auf Seiten der kleinen Leser keine Grenzen mehr gesetzt.

Insgesamt ist es ein tolles Buch. Die totalen Übertreibungen und die Ironie sind wirklich witzig und schon allein ein Grund das Buch zu lesen und zu mögen. Wir (die Kinder und die Mama) hatten alle viel Spaß mit Franzi und Dan und sind natürlich dabei, wenn es eine Fortsetzung gibt, was das Ende ja andeutet. Klare Leseempfehlung für die ganze Familie.