Starke Emotionen, schwacher Thrill

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mariehal Avatar

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Ich habe bisher alle Thriller von Romy Hausmann gelesen und war auch dieses Mal voller Vorfreude auf einen emotional vielschichtigen und spannenden Psychothriller mit unerwarteten Wendungen. „Himmelerdenblau“ beginnt mit einer interessanten Grundidee: Julies Vater Theo, der nach dem Verschwinden seiner Tochter seit zwanzig Jahren nach Antworten sucht, steht zunehmend im Kampf mit seiner eigenen Erinnerung.

Das Thema Demenz nimmt dabei einen zentralen Platz ein – und das mit großem Feingefühl. Hausmann gelingt es, die Verwirrung und das schleichende Vergessen sehr eindringlich darzustellen. Allerdings wird dadurch gerade im Mittelteil die Spannung spürbar gedämpft. Der Fokus verschiebt sich von der eigentlichen Thrillerhandlung hin zu Theos innerer Welt, was literarisch stark, aber für Thriller-Leser:innen, die auf Tempo und Nervenkitzel hoffen, etwas zäh wirkt.

Der Stil ist wie gewohnt intensiv und psychologisch präzise – doch die typisch überraschenden Wendungen ihrer früheren Bücher wie Liebes Kind oder Marta schläft bleiben hier weitgehend aus. Zwar habe ich das Ende nicht vorhergesehen, doch es konnte mich auch nicht völlig überzeugen.

Trotzdem: Romy Hausmann versteht es, komplexe Figuren zu zeichnen und emotionale Themen mit Krimielementen zu verweben. Wer weniger den klassischen Thriller, sondern eine tragisch-psychologische Geschichte über Erinnerung, Verlust und Schuld erwartet, wird hier fündig. Ich persönlich hatte mir jedoch etwas mehr Nervenkitzel und weniger Melancholie erhofft.