Verfall einer Familie
Beginnen möchte ich diese Rezension mit einem persönlichen Statement. Ich liebe die Bücher von Romy Hausmann. Angefangen hat es mit dem Roman "Liebes Kind", der mich total gefangen und tief beeindruckt genommen hat. Auch die Verfilmung habe ich mir nicht entgehen lassen, sondern sie auf Netflix mit angehaltenem Atem verfolgt. Der neue Psychothriller erzählt von einem rätselhaften cold case, der nach zwanzig Jahren in einem True Crime Podcast neu aufgerollt (und aufgeklärt?) werden soll. Das Verschwinden von Julie Novak gibt viele Rätsel auf, ihr Vater leidet an Demenz, was zu Halluzinationen und Wahnvorstellungen führen kann. Sein Erinnerungsvermögen ist sichtlich beeinträchtigt, was seine Glaubwürdigkeit im Rahmen eines Interviews für den Podcast schwierig erscheinen lässt.
Wie alle bisher erschienen Bücher von Romy Hausmann ist das Cover des neuen Romans ungewöhnlich gestaltet worden, in einer Buchhandlung hebt es sich klar von den anderen Büchern ab und zieht die Aufmerksamkeit der Betrachter*innen auf sich. Im Fokus steht die Schwarz-Weiß-Fotografie einer Familie, verwaschen wie die Erinnerungen des demenziell erkrankten 74jährigen Protagonisten Theo Novak, eines einst erfolgreichen Arztes. Klare Strukturen sind nicht mehr zu erkennen, die heile Familie hat sich buchstäblich aufgelöst nach dem spurlosen Verschwinden der Tochter Julie vor zwanzig Jahren. Auch der Titel des Romans fällt aus dem Rahmen des Üblichen. Man stutzt über die kreative Namensgebung für eine Farbe, die Erklärung folgt zu einem späteren Zeitpunkt.
Das Geschehen wird aus der Sicht von mehreren Personen, aus der Ich-Perspektive vermittelt. Zu Wort kommen Theo Novak, der unheilbar kranke Vater von Julie, Sophia, ihre jüngste Schwester, Liv, eine aufstrebende True-Crime-Podcasterin, sowie Daniel, der ehemalige Freund von Julie. Emotional berührend ist die Darstellung von Theo. Romy Hausmann hat gründlich recherchiert und das komplexe Krankheitsbild Demenz korrekt dargestellt. Als Leiter der Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie an einer renommierten Fachklinik zählte Theo zur Elite, die sich dank eines hohen Einkommens eine schöne Villa im Grünen für ihre Familie leisten konnte, nun lebt er allein in einer winzigen Wohnung, geblieben sind ihm nur die Erinnerungen an eine längst vergangene glückliche Zeit. Nach und nach verliert er alle geistigen und körperlichen Fähigkeiten, verlegt Alltagsgegenstände, vergisst die Namen von Mitmenschen, verwechselt Begriffe, ringt um Worte und macht Flüchtigkeitsfehler in seinen Aufzeichnungen. Sein Verfall ist schrecklich mitanzusehen, er verliert sich selbst, wie er seine älteste Tochter und seine Ehefrau Vera verloren hat. Auch seine jüngste Tochter Sophia ist ihm entglitten, ihr Verhältnis ist distanziert und kühl. Aufrecht hält ihn das Fünkchen Hoffnung, das spurlose Verschwinden seiner ältesten Tochter nach zwei Jahrzehnten aufklären zu können. Auch die anderen Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet worden. Beeindruckt hat mich die (negative) Darstellung von gewissenlosen True Crime Podcasterin, die in ihrem Streben nach Reichweite buchstäblich über Leichen gehen.
Romy Hausmann steht für außergewöhnliche Literatur. Sie erzählt eine bedrückende Geschichte, die nach der Lektüre lange in uns nachhallt. Für mich ist ihr tiefgründige Psychothriller ein Highlight in der Belletristik. Er gibt viele Rätsel auf, setzt auf leise Töne und fokussiert sich auf das Zwischenmenschliche, unter Verzicht auf die explizite Darstellung von Gewalt, wie es andere Autor*innen dieses literarischen Genres tun.
Wie alle bisher erschienen Bücher von Romy Hausmann ist das Cover des neuen Romans ungewöhnlich gestaltet worden, in einer Buchhandlung hebt es sich klar von den anderen Büchern ab und zieht die Aufmerksamkeit der Betrachter*innen auf sich. Im Fokus steht die Schwarz-Weiß-Fotografie einer Familie, verwaschen wie die Erinnerungen des demenziell erkrankten 74jährigen Protagonisten Theo Novak, eines einst erfolgreichen Arztes. Klare Strukturen sind nicht mehr zu erkennen, die heile Familie hat sich buchstäblich aufgelöst nach dem spurlosen Verschwinden der Tochter Julie vor zwanzig Jahren. Auch der Titel des Romans fällt aus dem Rahmen des Üblichen. Man stutzt über die kreative Namensgebung für eine Farbe, die Erklärung folgt zu einem späteren Zeitpunkt.
Das Geschehen wird aus der Sicht von mehreren Personen, aus der Ich-Perspektive vermittelt. Zu Wort kommen Theo Novak, der unheilbar kranke Vater von Julie, Sophia, ihre jüngste Schwester, Liv, eine aufstrebende True-Crime-Podcasterin, sowie Daniel, der ehemalige Freund von Julie. Emotional berührend ist die Darstellung von Theo. Romy Hausmann hat gründlich recherchiert und das komplexe Krankheitsbild Demenz korrekt dargestellt. Als Leiter der Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie an einer renommierten Fachklinik zählte Theo zur Elite, die sich dank eines hohen Einkommens eine schöne Villa im Grünen für ihre Familie leisten konnte, nun lebt er allein in einer winzigen Wohnung, geblieben sind ihm nur die Erinnerungen an eine längst vergangene glückliche Zeit. Nach und nach verliert er alle geistigen und körperlichen Fähigkeiten, verlegt Alltagsgegenstände, vergisst die Namen von Mitmenschen, verwechselt Begriffe, ringt um Worte und macht Flüchtigkeitsfehler in seinen Aufzeichnungen. Sein Verfall ist schrecklich mitanzusehen, er verliert sich selbst, wie er seine älteste Tochter und seine Ehefrau Vera verloren hat. Auch seine jüngste Tochter Sophia ist ihm entglitten, ihr Verhältnis ist distanziert und kühl. Aufrecht hält ihn das Fünkchen Hoffnung, das spurlose Verschwinden seiner ältesten Tochter nach zwei Jahrzehnten aufklären zu können. Auch die anderen Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet worden. Beeindruckt hat mich die (negative) Darstellung von gewissenlosen True Crime Podcasterin, die in ihrem Streben nach Reichweite buchstäblich über Leichen gehen.
Romy Hausmann steht für außergewöhnliche Literatur. Sie erzählt eine bedrückende Geschichte, die nach der Lektüre lange in uns nachhallt. Für mich ist ihr tiefgründige Psychothriller ein Highlight in der Belletristik. Er gibt viele Rätsel auf, setzt auf leise Töne und fokussiert sich auf das Zwischenmenschliche, unter Verzicht auf die explizite Darstellung von Gewalt, wie es andere Autor*innen dieses literarischen Genres tun.