Hinauf in den Tod

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In der englischen Originalausgabe wird „Himmelfahrt“ (OT: „Ascension“) als Mix aus „Der Marsianer“ und „Interstellar“ beschrieben. Zwei Werke - ungeachtet ob als Roman oder Film -, die ich in Nicholas Binges Roman nicht wiederfinde. Weder Mark Watneys Isolation und Erfindungsdrang noch die Finesse von Christopher Nolans Drehbuch. Viel mehr könnte Binge von Denis Villeneuves „Arrival“ inspiriert worden sein, sind die Parallelen doch nicht von der Hand zu weisen: Ein unerklärliches, plötzlich auftauchendes Phänomen. Ein Wissenschaftler, der vom Militär rekrutiert wird, um es zu erforschen. Die Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit. Das Phänomen, welches den Hauptcharakter signifikant verändert. Und auch Jeff Vandermeers „Auslöschung“ kam mir in den Sinn: Eine Gruppe von Wissenschaftlern auf einer Mission, deren Vorgänger scheiterten.

„Himmelfahrt“ bedient sich genau der richtigen Elemente aus bekannter Sci-Fi-Unterhaltung und untermauert das mit der Prise wissenschaftlicher Recherche, mit deren Hilfe es einem unwissenden Leser als äußerst plausibel verkauft werden kann. In mehreren langen Briefen schreibt Harold Tunmore seiner Nichte von einer Expedition zu einem gigantischen Berg, der im Ozean aufgetaucht ist. Die Erzählweise mittels Briefen ist gewagt. In ruhig erzählten Romanen funktioniert sie wunderbar, einer rasanten und actionreichen Handlung wie dieser, schadet sie aber eher. Harold gibt vor, schnell diesen und jenen Brief hingekritzelt zu haben, während es um ihn herum drunter und drüber geht. Irgendwie unglaubwürdig, oder? Aus irgendeinem Grund erwähnt er ständig, dass er das Geschehene notieren müsse, dass es so wichtig sei. Von ihm persönlich diese Dinge zu erfahren ist sehr wohl interessant, manchmal aber auch ganz schön cheesy (die Rückblicke!). Aus der Ich-Perspektive funktioniert die Erzählweise hervorragend, die Rahmengeschichte hätte dennoch anders von statten gehen können.

Der Roman wird nicht der ganz große, hellste Stern am Sci-Fi-Himmel sein, er wird nicht der neue „Marsianer“. Dafür ist „Himmelfahrt“ aber auch zu gewagt, Harold zu ambivalent in seinen Handlungen und manche Passagen zu undurchdringlich. Dennoch ist der Roman mutig und einfallsreich und das zieht mich direkt in seinen Bann.