Himmelstal - die Hölle?

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goch9 Avatar

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Daniel Brant erhält Post von seinem Zwillingsbruder Max. Sie hatten lange Zeit keinen Kontakt. Max lädt Daniel in ein Luxuskurhaus in den Schweizer Bergen ein. Er begründet seinen dortigen Aufenthalt damit, dass er dringend Erholung nach völliger Erschöpfung braucht. Daniel und Max sind getrennt aufgewachsen und haben sehr unterschiedliche Lebensauffassungen. Max, der ständig auf der Überholspur lebt und neues entdecken will, stürzt immer wieder überfordert und ausgelaugt ab. Daniel führt ein ruhigeres überschaubareres Leben. Er besucht seinen Bruder und ist von dem Luxus der Einrichtung überrascht. Max überredet ihn, zwei Tage seinen Platz mit ihm zu tauschen. Obwohl  Daniel nicht ganz wohl bei der Sache ist, treffen sie Vorbereitungen. Daniels Bart wird abrasier.  Max klebt sich einen Bart an und verlässt Himmelstal in aller Frühe, bevor es sich Daniel anders überlegen kann. Die Täuschung  gelingt, aber Max kommt nicht nach zwei Tagen zurück. Daniel wird unruhig und vertraut sich der behandelnden Ärztin an, aber niemand glaubt ihm. Alle halten ihn für Max.

Marie Hermanson hat einen sehr beklemmenden Thriller geschrieben. Der Leser betritt mit Daniel zu Beginn ein Himmelstal, das seinen Namen alle Ehre macht. Die Wiesen sind grün, die Tiere grasen friedlich, die Glocken läuten, die Bewohner der Kurklinik schwelgen im Luxus und auch der sonst so umtriebige Max scheint ruhig und entspannt. Trotzdem entwickelt Frau Hermanson durch die Art und Weise, wie sie die Situation beschreibt,  eine gewisse Skepsis dieser Stimmung gegenüber. Als Leser traut man dieser Idylle nicht. Mit jedem neuen Kapitel erhält man Informationen, die das ganze immer unwirklicher machen.  Es baut sich immer mehr Zweifel und Spannung auf und fast glaubt man sich der Lösung nahe, ehe die Handlung wieder eine leichte Wendung nimmt.

Ich möchte hier nicht zu viel von Handlung preisgeben, aber dieses Buch hat mich nachdenklich gemacht. Ich kenne keine Bücher von Frau Hermanson, aber ich habe den Eindruck, dass sie hier nicht nur einen guten Thriller schreiben wollte, sondern auch auf diese  Problematik und ihre Handhabung aufmerksam machen wollte. Ich denke, das ist ihr außerordentlich gut gelungen.