"Himmelstal. Ein schöner Name für einen schönen Ort."

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buecherfan.wit Avatar

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Daniel und Max Brant sind eineiige Zwillinge. Ihre Zwillingsbeziehung war schon immer sehr schwierig. Sie wurden schon als Kleinkinder voneinander getrennt und haben  in ihrem Leben nur wenig Zeit  miteinander verbracht. Dafür sind sie zu unterschiedlich und verstehen sich nicht besonders. Max ist egoistisch und manipulativ und leidet unter psychischen Störungen, Daniel ist eher schüchtern und zurückhaltend, etwas naiv und fühlte ich seinem Bruder zeitlebens unterlegen. Dennoch folgt er der Bitte des Bruders, ihn in der Klinik Himmelstal in den Schweizer Alpen aufzusuchen, wo er sich seit einiger Zeit aufhält. Dann bittet Max seinen Bruder, für einige Tage die Rollen zu tauschen. Er habe etwas Dringendes zu erledigen und werde in drei bis vier Tagen zurück sein. Noch ehe Daniel wirklich zustimmen oder ablehnen kann, ist der Bruder mit seinem Gepäck, seinem Handy und den Ausweispapieren abgereist. Daniel macht zunächst gute Miene zum bösen Spiel, bis er begreift, dass er hereingelegt worden ist und Max nicht zurückkommen wird. Von da an kämpft er darum, die Ärzte und das Personal davon zu überzeugen, dass er nicht der ist, für den sie ihn halten, aber keiner glaubt ihm. Vor allem Gisela Obermann, die Therapeutin seines Bruders, erfindet abenteuerliche Theorien von multipler Persönlichkeit und tiefgreifenden Veränderungen bei ihrem Patienten, ausgelöst durch den Besuch des Bruders.

Bei seinen Bemühungen, alle von seiner wahren Identität zu überzeugen und diversen Fluchtversuchen findet er eine Vertraute: Corinne arbeitet als Bedienung in einem Lokal im Dorf und tritt dort als volkstümliche Sängerin  auf. Durch sie und durch eigene Beobachtungen findet Daniel allmählich heraus - und mit ihm der Leser -, was es mit Himmelstal wirklich auf sich hat und wer dort untergebracht ist. Von ihr bekommt er Verhaltensregeln für sein Überleben, denn Himmelstal ist ein gefährlicher Ort. Er kann niemandem vertrauen. Sind die Ärzte die Guten, die nichts anderes im Sinn haben, als das Wohl der ihnen anvertrauten Menschen, oder verfolgen sie eigene Ziele? Wollen sie tatsächlich ihre Patienten heilen?

Der Leser hat schon früh verstanden, dass Himmelstal alles andere als himmlisch ist und Daniels erster Eindruck (“Himmelstal. Ein schöner Name für einen schönen Ort.” S. 28) sich später als reine Ironie erweisen wird. Die Klinik und das Dorf im abgeschiedenen Alpental mit ausgesprochen schlechter Verkehrsanbindung haben erstaunlich viel Wach- und Sicherheitspersonal une wirken eher wie militärisches Sperrgebiet. Keiner kommt unangemeldet hinein, und keiner verlässt das Tal ohne Erlaubnis. Die Patienten haben zwar innerhalb der Anlage viel Bewegungsfreiheit, müssen sich aber morgens um 7 Uhr und um Mitternacht zur Anwesenheitskontrolle in ihren Quartieren aufhalten. Dem Leser stellt sich die Frage, ob und wie es Daniel gelingen wird, diesen Ort noch jemals wieder zu verlassen.

Mit “Himmelstal” legt die schwedische Autorin Marie Hermanson, die schon mehrere erfolgreiche, mit Preisen ausgezeichnete Romane geschrieben hat, einen ziemlich spannenden Roman vor, der allerdings vor allem zum Ende hin etwas konstruiert wirkt und unlogische und vor allem unrealistische Elemente enthält, die man eher in einem Science Fiction - Roman erwarten würde, als in einem als “Psychothriller” bezeichneten Roman. “Himmelstal” liest sich flüssig und ist mit kleinen Abstrichen eine unterhaltsame  und interessante Lektüre.