Kafkaesk

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Kafka hätte sie nicht besser ersinnen können, die Situation in der sich Daniel in "Himmelstal" wiederfindet. Nachdem er seinen Zwillingsbruder Max in der Klinik in den Schweizer Alpen besucht hat, hat er sich überreden lassen, Rollen zu tauschen, damit Max einige Aufgaben in Italien erledigen kann. Währenddessen kann Daniel in dem Luxusklinikum entspannen und das Leben genießen - doch natürlich kommt alles anders als geplant!

Denn hinter der Heile-Welt-Fassade des Luxusklinikums lauern tiefe Abgründe und schon bald nach der Abreise seines Bruders muss Daniel feststellen, dass das Klinikum mitnichten das ist, was es vorzugeben scheint. Das Klinikpersonal hält Daniel für einen Simulanten und sein Kampf um seine Freiheit und die Flucht aus dem Tal wird ein Kampf auf Leben und Tod.

Marie Hermanson ist mit "Himmelstal" ein spannender Roman geglückt, der den Brückenschlag zwischen Ludwig Thoma'scher Alpenidylle und packendem Psycho- und Medizinthriller schafft. Ähnlich wie in Thomas Willmann phänomenal guten Alpenwestern "Das finstere Tal", schafft es auch Hermansson das Tal nicht nur zur pittoresken Idylle verkommen zu lassen, sondern die unberührte Schönheit der Natur ins bedrohliche Gegenteil zu kehren. Ohne an dieser Stelle zu viel verraten zu wollen, schafft es Marie Hermanson, den Leser immer wieder durch Wendungen und überraschende Details bei der Stange zu halten und so einen subtilen Lesesog zu erzielen, der den Leser gefangen nimmt. Der ansprechende Schreibstil Hermansons tut sein Übriges zum Gelingen des Buches und so kann ich außer einem Punkt keine großen Steine des Anstoßes an diesem Buch finden:

Für das zaghafte Ende, das mir zu glattgebügelt und gefällig daher kommt, gibt es leichte Abzüge in der B-Note, ansonsten allerdings ein knackiger, spannender Psychothriller in einer malerischen Kulisse, die einem das Fürchten lehrt!

Bücher sind wie Schiffe, die das Meer der Zeit durchsegeln (Francis Bacon)