Christopher Many lebt seinen Traum!

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ismaela Avatar

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Ich bin ein großer Fan von Reiseberichten aller Art (obwohl ich selbst eigentlich überhaupt nicht wegfahre) und habe mich deswegen sehr über "Hinter dem Horizont rechts" gefreut. Das Vorgängerbuch kenne ich nicht, das macht aber nichts, denn man braucht es für das Verständnis dieses Buches nicht.

Christopher Many beschreibt in seinem neuen Buch seine Reise von Europa nach Australien auf seinem Motorrad Puck, begleitet wird er dabei von seiner Lebensgefährtin Laura auf ihrem Motorrad Pixie. Der Grund, warum das Buch doch ein rechter Wälzer von immerhin guten 500 Seiten ist, ist die Unterteilung in tatsächlichem Reisebericht und immer wieder eingeschobenen Gedankenschweifungen des Autors zu verschiedenen Themen. Jedes Kapitel überschreibt er dabei mit einem musikalischen Fachbegriff zum jeweiligen Temperament des Stückes bzw. hier der Region oder des Landes.

Sehr sympathisch fand ich ganz zu Anfang Manys "Reisewarnung", in der er den Leser darauf hinweist, dass es bei dem vorliegenden Buch um eine subjektive Schilderung seiner Reise geht und nicht um einen objektiven Reiseführer. Er nimmt auch sonst kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, die jeweiligen Bräuche und Gepflogenheiten der jeweiligen Länder zu befolgen. Auch fand ich es sehr schön, dass der Autor stets höflich und mit Respekt von Dingen berichtet hat, die wir "Westler" vielleicht nicht so sehen (z. B. ein Spiel zu Pferde, bei dem ein kopfloser Ziegenkadaver eine Rolle spielt, oder die Tatsache, dass in vor allem ärmeren Ländern Fleisch eine seltene Delikatesse ist und man sich nicht unbedingt als Vegetarier oder Veganer outen sollte, denn dies sind Luxusprobleme).

Im Großen und Ganzen dreht sich in diesem Buch die Geschichten also um Straßen und Wege, die befahren werden, das Wetter - das für einen Motorradfahrer ja nicht unbedingt unwichtig ist - die Beschaffung von Visa und anderen Dokumenten, die man braucht, um eine Grenze zu überqueren, das Essen, die Menschen, die Lagerplätze und und und.

So sehr mir das Buch gefallen hat, es gab trotzdem das eine oder andere, das mich ein bisschen gestört hat. Zum Einen betont Many immer wieder wie wunderschön das Leben ohne feste Heimat und ohne festen Bezugspunkt ist, weil man weiterziehen kann, wenn es einem nicht mehr gefällt, und man frei ist das zu tun, was man will. Er schwärmt von urigen Dörfern in der Pampa, die noch ohne Strom und fließendes Wasser wie im vorigen Jahrhundert vor sich hinschlummern und sich nicht dem Diktat der modernen Welt unterworfen haben. Wo "alte Opis in der Sonne sitzen und Omis mit Esel unterwegs sind". Da habe ich mich schon gefragt, ob ihm klar ist, wie anstrengend so ein Leben vor allem für die Frauen sind, die in solchen Umgebungen Wäsche waschen, kochen, putzen, Kinder aufziehen, das Haus zusammen halten, sich um die Männer kümmern und den Rest des Alltags bestreiten müssen - ob da Strom und fließendes Wasser wirklich so schrecklich sein können? Wahrscheinlich kann er es nicht so ganz nachvollziehen, weil er - wie er schreibt - beim Kochen und der Körperpflege ohnehin eher in den hinteren Reihen sitzt.

Aber alles in allem ist "Hinter dem Horizont rechts" ein sehr schönes Schmökerbuch - und für all diejenigen, die selbst eine solche Reise planen, eine Fundgrube an Infos und guten Tipps. Lesenswert!