Zwischen Opfer und Identität

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luisgehlert Avatar

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Michelle Wongs House of the Beast hat mich sofort mit seiner dichten, düsteren Atmosphäre gefesselt. Schon im Prolog wird klar, dass dies keine einfache Fantasygeschichte ist, sondern ein vielschichtiges Werk über Macht, Opfer und Identität. Die junge Protagonistin Alma wird in eine grausame, religiös geprägte Welt hineingezogen, in der göttliche Rituale und familiäre Intrigen untrennbar miteinander verwoben sind. Besonders beeindruckt hat mich, wie Wong eine intensive emotionale Nähe zu Alma aufbaut – ihre Angst, ihr Trotz und ihre Sehnsucht nach Zugehörigkeit wirken durchgehend glaubwürdig. Gleichzeitig entfaltet sich vor dem Hintergrund dieser persönlichen Geschichte eine große, komplexe Welt mit eigenen Göttern, Häusern und Regeln, die faszinierend und beängstigend zugleich ist.

Der Schreibstil ist bildhaft und atmosphärisch, manchmal fast poetisch, ohne dabei an Spannung zu verlieren. Ich fand besonders gelungen, wie Wong Schmerz und Schönheit miteinander verknüpft – selbst grausame Szenen tragen eine gewisse ästhetische Kraft. Der Roman hinterlässt das Gefühl, etwas erlebt zu haben, das über klassische Fantasy hinausgeht: eine Geschichte über Menschlichkeit im Angesicht des Unmenschlichen.