Keine Romantasy, dafür rohe Schönheit
Ich gebe es zu: An diesem Buch bin ich sehr lange einfach vorbeigescrollt, weil ich dachte, es wäre die nächste generische Heten-Romantasy. Weit gefehlt! "House of the Beast" ist alles andere als das. Die Romance-Anteile sind so minimal, dass man sie fast übersehen könnte. Mich persönlich hat das absolut nicht gestört, könnte aber gerade bei Cover- und Klappentextkaufenden auf wenig Gegenliebe stoßen. Statt der suggerierten Romantasy bekommt man hier richtig dichte, erwachsene Fantasy mit deutlichen Horror-Elementen – ein Mix, den ich liebe und der hier einfach perfekt funktioniert. Außerdem problematisch in der deutschen Vermarktung: Es wurde komplett verschwiegen, dass die Autorin Michelle Wong die Illustratorin von "The Legend of Korra" ist. Und das ist nicht gerade eine kleine Randnotiz! Vor allem, weil im Buch selbst auch einige ihrer Illustrationen vorkommen – wunderschön, atmosphärisch und genau der richtige Touch, um die düstere Welt noch greifbarer zu machen. Besagte Welt ist überhaupt eines der großen Highlights. Ungewohnt, brutal, ästhetisch – sie fühlt sich roh und echt an, ohne jemals ins Übertriebene zu kippen. Genauso gelungen: Die Charakterarbeit. Wir begleiten die Protagonistin von der Geburt ihres Hasses bis zu dem Punkt, an dem sie versucht, ihn wieder loszuwerden. Ihre Entwicklung ist nachvollziehbar, schmerzhaft und extrem gut geschrieben. Auch die Nebenfiguren haben klare, überzeugende Standpunkte. Natürlich kann in einem Einzelband nicht jeder so ausgiebig beleuchtet werden wie die Hauptfigur, aber die Seiten, die den Nebencharakteren gewidmet waren, wurden sehr gut genutzt. "House of the Beast" ist düstere, klug erzählte Fantasy mit einer starken Hauptfigur, wunderschönem Worldbuilding und Horror-Flair, das unter die Haut geht. Und falls Michelle Wong jemals ein Spin-Off mit zwei der Nebencharaktere (;)) schreibt – ich bin sowas von dabei.