Sei deinen Freunden nah, aber deinen Feinden noch näher

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federchen frost Avatar

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Vorab sei eins gesagt: Natürlich macht ein hübsches Cover nicht automatisch ein gutes Buch, aber bei ‚Hunting Souls‘ muss ich einfach damit anfangen, wie unfassbar schön diese Geschichte verpackt wurde. Das Cover als eine Mischung aus Düsternis und Ästhetik verspricht eine Geschichte, die eben genau das bietet: Hier werden jede Menge (vermeintlich bösartige) Wesen in einer Story vereint, die eigentlich schon oft erzählt wurde, aber ganz so dann eben doch noch nicht.
Ich habe bei ‚Hunting Souls‘ zwischen gebundener Ausgabe und Hörbuch gewechselt und muss sagen, dass mir gerade die von Louis Friedemann Thiele gelesenen Passagen wirklich dabei geholfen haben, die Story nicht zur Seite zu legen. Er ist einer meiner liebsten deutschen Stimmen und hat seinem Charakter auch hier deutlich mehr Leben eingehaucht, als ich bei den selbst gelesenen Sequenzen gefühlt habe. Auch der Wechsel mit der weiblichen Stimme (Rebecca Veil) war eine gelungene Abwechslung, sodass ich das Buch eher als Hörbuch denn als gebundene Ausgabe empfehlen kann (natürlich abgesehen von dem Hingucker, den dieses optische Meisterwerk ins Bücherregal zaubert!). Nun aber zum Inhalt:
Es geht um die 18-jährige Katrina, die nach ihrem Tod als Untote erwacht und nun endlich etwas besser zu ihrer Familie aus Werwölfen, Vampiren, Hexen und Werwölfen zu passen scheint. Dieser bunte Haufen gefährlicher Wesen bricht allerdings direkt mit allen Klischees, denn wenngleich jedes einzelne Familienmitglied als Star zahlreicher Alpträume herhalten kann, ist die Dynamik der Familie sehr liebevoll und vertraut und damit das Gegenteil von allem, was man hier an Sarg-Experience erwarten würde. Einzig Katrina erfüllt ihre Rolle als gefühllose Untote anfangs recht bestimmt, aber spätestens als Tate - seines Zeichens Jäger und damit Katrinas erbitterter Feind - auftaucht, gerät auch sie, die definitiv als eine Hommage an Wednesday Adams verstanden werden kann, ins Wanken und muss sich eingestehen, dass sie vielleicht doch noch ein, zwei Emotionen in sich trägt, die Tate scheinbar mühelos zu Tage befördert. Nachdem die beiden nach einem missglückten Seelenfluch nun auch noch körperlich aneinandergebunden werden, ist das Chaos vorprogrammiert.
Die Geschichte an sich ist natürlich nichts bahnbrechend Neues. Wir haben hier zwei gegensätzliche Charaktere, die für mein Empfinden gewollt egdy gezeichnet und in ein klassisches Enemies-to-Lovers-Szenario geworfen werden. Dabei muss ich gestehen, dass die Wesen allgemein wirklich vielseitig ausgearbeitet wurden, mich aber leider gar nicht abholen konnten, da ich vor allem Katrina nichts von ihren (fehlenden) Gefühlen abkaufen konnte. Dass die blutrünstigsten Wesen der Fantasyliteratur hier in einem stabilen familiären Umfeld gedeihen, ist mal eine wirklich nette Abwechslung, die ich so nicht erwartet hätte und mich positiv überraschen konnte. Ein weiteres Storyhighlight ist Katrinas Nebengeschichte mit dem Tod, die für mich deutlich spannender zu verfolgen war als die aufkommende Liebesgeschichte zwischen ihr und Tate.
Für meinen Geschmack hätte die Geschichte mit etwas reiferen Charakteren und einem düsteren Szenario einiges mehr an Potenzial gehabt. Auch Tate ist für mich als Charakter zu flach und einfach nicht interessant genug, wobei hier etwas mehr Input zur Geschichte der Jäger eventuell Abhilfe hätte leisten können.
Den roten Faden der Story muss ich allerdings wirklich loben, denn die Autorin verrennt sich so gut wie nie in ihrem Erzählstrang und wahrt einen einfachen und verständlichen Schreibstil, sodass man der Geschichte leicht folgen kann und kaum Längen auftreten. Das Ende des ersten Bandes samt Cliffhanger wurden gut gewählt, sodass man – in meinem Fall trotz fehlender Empathie für die Protagonisten – dennoch wissen möchte, wie es in Band zwei der Dilogie mit Katrina und Tate weitergeht. Ob ich den Band dann tatsächlich lesen werde, ist jedoch eine andere Geschichte…