Ein Aufruf für alle Leser, für die Wahrheit zu kämpfen

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noeffi Avatar

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Shae lebt in Montane, einem Land, in dem Sprache Macht bedeutet. Nach dem Tod ihres Bruders und ihres Vaters lebt sie allein mit der Mutter in einer Hütte außerhalb der Stadt Aster. Sie wird von den Bewohnern geächtet, da ihr Bruder an den Flecken gestorben ist. Es ist die Krankheit, vor der jeder Angst hat. Nur ihre Freundin Fiona und Mads halten zu ihr. Doch Shae hat ein Geheimnis vor ihnen: Was sie stickt, wird lebendig.
In Aster herrscht Dürre und die Bewohner haben kaum noch zu essen. Als die mächtigen Barden kommen und die Zehnte einstreichen wollen, hoffen alle auf eine Beschwörung, die den Regen bringt. Doch für Shae bringt der Besuch der Barden den Tod. Keiner glaubt ihr und die junge Frau wird aufgrund ihrer Verdächtigungen ausgestoßen. Sie reist als blinder Passagier mit den Barden zum Hohen Haus, auf der Suche nach der Wahrheit. Doch mit dem, was sie herausfindet, hätte sie niemals gerechnet.
>>Aber das ist das Tückische an Worten. Wenn man sie einmal gesagt hat, gibt es kein Zurück mehr.<<
Was für eine Geschichte! Und was für eine starke Protagonistin! Ihr wird mehrmals der Mund verboten, sie wird angelogen und selbst der Lüge bezichtigt und sie wird für schwach gehalten. Doch sie hält den Kopf oben und setzt sich alles Verboten und Regeln hinweg, die ihr auf der Suche nach der Wahrheit in den Weg gestellt werden. Dabei hinterfragt sie viel und lässt sich nicht davon abbringen, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Ihre unersättliche Neugier ging mir zwar zwischendrin etwas auf die Nerven, doch im Nachhinein hat sie alles richtig gemacht.
Die Autorin hat es Shae nicht leicht gemacht: von mehreren Schicksalsschlägen gebeutelt muss die junge Frau eine Schmach nach der Anderen über sich ergehen lassen, sie wird ständig vor mächtige und manipulative Gegner gestellt und entkommt mehrmals nur um Haaresbreite dem Tod bei dem Versuch, sie mundtot zu machen.
Dylan Farrow hat viel aus ihrer eigenen Erfahrung in das Buch verwoben. Sie hat quasi ihre eigene Geschichte in dieses Fantasy-Spektakel verpackt. In ihrem Nachwort schreibt sie: „In meiner Kindheit und Jugend war die Welt der Bücher für mich ein Rückzugsort, während meine Familie von einem mächtigen Menschen bedrängt wurde, der entschlossen war, unser Leben und unsere Glaubwürdigkeit zu zerstören. Mithilfe eines gewaltigen verbalen Feldzugs, gestützt lediglich durch dubiose juristische Dokumente, wurde einer ganzen Generation eine Lüge aufgetischt.“ Was man zur Autorin wissen sollte, ist die Tatsache, dass sie die Adoptivtochter von Woody Allen ist. Er soll sie als Kind missbraucht haben und diese Anklage landete sogar vor Gericht. Doch Allen hat es das seines Einflusses geschafft, als vermeintlich Unschuldiger den Gerichtssaal zu verlassen. Die Beziehung der beiden ist zerstört. Während er in der Öffentlichkeit augenscheinlich um die Beziehung zu Dylan trauert, kümmert sie sich um Opfer sexueller Gewalt und hört nicht auf, für die Gerechtigkeit und die Wahrheit zu kämpfen. Leider hat der Loewe-Verlag, bei dem das Buch in Deutsch herauskam, diese Geschichte ignoriert und wirbt bei diesem Buch damit, dass es sich bei der Autorin um die Adoptivtochter von Allen handelt. In meinen Augen ist dies ein Fauxpas, denn Farrow wird ihr Leben lang damit zu kämpfen haben und deshalb wird es ihr nicht gerecht, dass sie so angeworben wird. Zudem hat sie es nicht nötig, auf ihre Herkunft reduziert zu werden, denn ihr Buch ist herausragend und voller Herzblut geschrieben und man erkennt genau, dass sich in Shae sehr viel von ihr selbst verbirgt.
Dieser Fantasy-Roman ist mehr als nur eine einfache unterhaltsame Lektüre: Es ist ein Aufruf an alle Leser, sich nicht von der Wahrheit abbringen zu lassen und für sich selbst zu kämpfen!