Wenn Worte gefährlich werden ...

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gjosa Avatar

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Heute habe ich „Hush“ von Dylan Farrow beendet und möchte nun meinen noch recht frischen Eindruck wiedergeben.
Die Geschichte spielt in Montane, einem vor einigen Jahren von einer Seuche heimgesuchten Land, das auch ohne diese schwer gebeutelt ist. Die Menschen leiden unter Armut und Hunger. Trockenheit droht auch die nächsten Ernten zu zerstören.
Darüber hinaus ziehen noch die sogenannten Barden durch das Land, um die besten Erzeugnisse für sich zu beanspruchen, dafür, dass sie den Menschen ihren Schutz und mit viel Glück auch ihren Segen bieten. Denn es sind die Barden, die die Menschen in Montane vor einem weiteren Ausbruch der Seuche, des „blauen Todes“, schützen können. Dafür geben die Menschen ihnen, was sie entbehren können und teilweise auch mehr. Angst beherrscht die Menschen und ihre Handlungen.
Die Seuche, auch wenn sie bereits mehrere Jahre zurückliegt, hängt wie ein drohender Schatten über allem. Es heißt, das geschriebene Wort habe diese Seuche hervorgerufen. Deswegen sind Bücher und das Schreiben an sich verboten.
Auch Shaes Leben ist von Angst geprägt. In einem der ärmsten Dörfer wohnt Shae mit ihrer Mutter. Seit ihr Bruder vom blauen Tod aus dem Leben gerissen wurde, sind Shae und ihre Mutter Ausgestoßene. Sie wohnen in einem kleinen Häuschen außerhalb des Ortes, da die Menschen fürchten sie könnten die Seuche erneut nach Aster bringen. Nur zwei Menschen halten zu Shae. Ihre beste Freundin Fiona und Mads, der aus der Freundschaft gerne mehr machen würde. Doch als die Barden erneut das Dorf besuchen, um den Zehnten einzutreiben, passiert etwas, das Shaes Leben schlagartig verändert. Plötzlich steht sie ohne Freunde da und muss sich ihren größten Ängsten stellen.

Die Figuren:
Shae: bei ihrem ersten Erscheinen macht Shae den Eindruck eines etwas naiven, impulsiven Mädchens, das, wie ihre Freundin es ausdrückt, nichts zu Ende denkt. Sie ist geprägt von der Welt in der sie aufwächst. Von der Angst vor der Seuche, die ihren Bruder dahingerafft hat, der Furcht, dass die wiederkehren könnte, um sie oder ihre Mutter zu holen. Das Leben als Ausgestoßene bringt zudem die Angst davor, für das Leid der Menschen verantwortlich gemacht zu werden, denn wenn es den Leuten schlecht geht, suchen sie ja gerne einen Sündenbock. So hält sie sich meist zurück, versucht die Menschen zu vermeiden. Auch die Barden fürchtet sie, nicht nur wegen ihrer Macht.
Sie ist auf der Suche nach Antworten und ist dafür bereit einiges zu riskieren. Im Laufe der Geschichte lernt sie, dass man nicht alles glauben darf, was man sieht und was die Menschen einen weismachen wollen.
Wo sie zu Beginn noch schnell durch ihre Angst gelähmt würde, lernt sie auch diese mehr und mehr zu beherrschen. Man kann also sagen, dass Shae im Laufe der Geschichte eine deutliche Entwicklung durchmacht. Wie sie von dem Mädchen, das aus der kleinen, überschaubaren Welt ihres Dorfes zu einer jungen Frau wird, die mit neuen Herausforderungen immer besser umzugehen weiß und sich nicht mehr scheut, Risiken einzugehen und Gefahren zu begegnen.
Die anderen Figuren hat man eventuell auch schon das ein oder andere Mal in ähnlicher Form erlebt, was mich persönlich aber nicht sonderlich gestört hat. Sie sind auf ihre Weise sympathisch oder eben auch nicht, ihre Handlungen sind nachvollziehbar (wenn auch nicht immer sofort). Vielleicht hätte man hier und da noch ein paar Feinheiten in der Charakterzeichnung vornehmen können, aber insgesamt ist keiner dabei, der durchweg nur stört oder der einem nervöse Zuckungen beschert (kann ja auch mal vorkommen…).

Die Geschichte:
Eine solide Fanatsy-Geschichte, die sich flüssig lesen lässt, die einen mitnimmt. Es gab nur wenige Logikfehler, die aber nicht weiter gestört haben (dass ein Dach, das gerade Feuer gefangen hat, innerhalb weniger Augenblicke einstürzt, erscheint mir doch etwas unwahrscheinlich).
Es gab keinen Moment, bei dem ich das Buch weglegen wollte, weil mich etwas gestört hat, aus der Geschichte gebracht hat oder weil es langweilig gewesen wäre. Es waren eher die äußeren Bedingungen, die dafür gesorgt haben, dass ich das Buch nicht in einem Rutsch lesen konnte (durfte).
Der Schreibstil ist angenehm schlicht, was definitiv nicht negativ gemeint ist. Es lässt sich sehr gut lesen, man kann sich gut in Shaes Gedanken einfinden und ihre Gefühle nachempfinden. Die Welt wird gut beschrieben. Ich habe jederzeit die Bilder vor meinem inneren Augen gehabt. Es waren keine komplizierten Satzgebilde und Wortungetüme, die ja gerne mal bei Fantasy benutzt werden und einen manchmal aus dem Konzept bringen, weil man überlegen muss, was der Autor jetzt damit sagen wollte.
In Grunde entsprach die benutzte Sprache dem, wie man sich vorstellen könnte, dass jemand seine Geschichte erzählt. Die Ich-Perspektive im Präsens hat das Gefühl direkt in Shaes Kopf zu sein natürlich noch verstärkt.

Fazit:
Leseempfehlung für alle, die gerne Fantasy lesen, über junge Frauen, die sich von den äußeren Umständen und den Gegnern nicht unterkriegen lassen. Es ist eine Geschichte eines Mädchens, das sein Leben in die Hand nimmt und lernt, dass es zu weitaus mehr in der Lage ist, als je gedacht. Ich möchte jetzt nicht zu viel hineininterpretieren, aber vielleicht ist es auch ein wenig als Parabel zu sehen, dass es zwar viel Mut erfordert, etwas zu riskieren, was jeder für wahnsinnig hält, aber dies nicht nur das eigene Leben nachhaltig ändern kann.
Ich warte jetzt gespannt auf den zweiten Teil und hoffe, noch viel von Dylan Farrow zu lesen.