Zwiegespalten

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Buchmeinung zu Joe Ide – I. Q.

„I.Q.“ ist ein Kriminalroman von Joe Ide, der 2016 bei Suhrkamp als broschiertes Taschenbuch in der Übersetzung von Conny Lösch erschienen ist. Die amerikanische Originalausgabe erschien 2016 unter dem Titel „IQ“.

Zum Autor:
Joe Ide, aufgewachsen in South Central, L.A., mit japanisch-amerikanischen Wurzeln. War Lehrer, Manager und arbeitete für eine NGO. Drehbuchautor. I.Q. ist sein erster Roman. Joe Ide lebt mit seiner Familie in Santa Monica.

Klappentext:
I.Q. nennt man Isaiah Quintabe in den schwarzen Hoods von Los Angeles. Weil er ein Genie ist und weil er als eine Art Nachbarschaftsdetektiv ohne Lizenz den »kleinen Leuten« zu ihrem Recht verhilft. Oder wenn das schwierig ist, immerhin zu Gerechtigkeit, Genugtuung und Entschädigung. Zusammen mit seinem sidekick, dem schlagfertigen Gangsta Dodson, wird er wider Willen von dem Top-Rapper Murda One angeheuert, um Mordanschläge auf dessen Leben aufzuklären. Das führt ins finstere Herz des Rap-Business, wo sich jede Menge wunderliche und tödliche Gestalten tummeln: Gangsta Rapper, Bitches, Anwälte, Auftragskiller, Drogenbosse, Big-Business-Leute und Medienvolk.
Bald haben es I.Q. und Dodson mit verfeindeten Gangs, schießwütigen Narcos und gierigen Musikproduzenten zu tun. Gut, dass I.Q. ein Weltmeister der Deduktion ist, und gut auch, dass er notfalls genauso viel kriminelle Energien hat wie seine Widersacher. Oder noch mehr …

Meine Meinung:
Der Einstieg in dieses Buch ist mir nicht leicht gefallen. Die Figuren im Prolog wirken doch recht abgedreht. Auch im weiteren Verlauf fiel mir das Lesen ungewohnt schwer. Der Autor erzählt seine Geschichte auf zwei Zeitebenen, die er wechselnd voran treibt. Der ältere Strang spielt 2005. Isaiah hat gerade seinen großen Bruder Marcus durch einen Unfall verloren, steht vor dem nichts und gewinnt Dodson als seinen Mitbewohner. Der jüngere Strang spielt 2013 und Isaiah wird durch Dodson ein Job bei einem Rapper vermittelt, der gerade knapp einem Mordanschlag entgangen ist. Während im älteren Strang der Fokus auf die Entwicklung der Beziehung zwischen Dodson und Isaiah und der Verarbeitung des Unfalltods seines Bruders liegt, geht es im neueren Strang um die Aufklärung eines wirklichen Verbrechens. Beide Stränge haben kaum Bezug zueinander und die abwechselnde Schilderung stört doch sehr. Für mich bot die Entwicklung der Beziehung zwischen Dodson und Isaiah die spannendere Unterhaltung. Man sieht eine Entwicklung der beiden Figuren und begleitet Isaiah bei der Befreiung von der Umklammerung durch seinen toten Bruder. Auch sprachlich war dieser Teil erheblich angenehmer zu lesen. Auch wenn Dodson und auch Isaiah keine absoluten Sympathieträger sind, so ist man doch an ihrer Entwicklung beteiligt.
Im zweiten Strang wimmelt es dagegen von Typen, die man eigentlich nicht kennen lernen möchte. Sie verfügen über Geld, Macht und Einfluß, aber über keine soziale Kompetenz. Dies findet sich auch in ihrer Sprache wieder. Der Rapper Cal, dem der Anschlag galt, wird geradezu als traurige Witzfigur dargestellt. Er ist drogenabhängig und hat seine Härte, die sich in seinen Liedtexten wiedergefunden hat, komplett verloren. Isaiah übernimmt den Fall und versucht den Killer und auch dessen Auftraggeber zu ermitteln. Unterstützung dazu findet er im Umfeld des Rappers aber nicht. Einzig Dodson unterstützt Isaiah, auch wenn sich beide seit der Zeit ihrer gemeinsamen Wohnung doch ziemlich auseinander gelebt haben.
Isaiah wird als gehirngesteuerter Mensch dargestellt, dem es auch an sozialer Kompetenz fehlt. Dodson hat Isaiah gegenüber einen Minderwertigkeitskomplex entwickelt und versucht diesen durch forsches Auftreten zu kompensieren. Isaiah ist aber jemand, der immer noch einen Schritt weiter zu denken scheint. Irgendwie raufen sich Dodson und Isaiah zusammen und nehmen die Verfolgung auf. An diesen Stellen kommt sogar Spannung auf, die aber beim Wechsel zum nächsten Kapitel aus 2005 in sich zusammen fällt.
Dann gibt es auch noch Einstreusel von kleine Fällen, in denen Super-IQ Nachbarn, Bekannten und Bittstellern bei der Lösung ihrer Probleme hilft. Die Stellen empfand ich als überflüssig und störend.
Die Schilderung der Vorgänge aus 2005 hat mir im Gegensatz zum neueren Strang recht gut gefallen. Auch der Showdown in 2013 war nicht meiner.
Fazit:
In diesem Buch werden zwei Erzählstränge miteinander verquickt, die wenig Zusammengehöriges aufweisen. Die ältere Geschichte hat mir weitaus besser gefallen, während der neuere Strang mich selten erwärmen konnte. Auch das Ende konnte mir nicht gefallen. Isaiah war mir auch zu perfekt und zu skrupellos. Insgesamt vergebe ich knappe drei von fünf Sternen (60 von 100 Punkten) und kann keine Leseempfehlung aussprechen.