Das Leben einer Anderen

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nadines_buecher Avatar

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Die Ich-Erzählerin Leila begibt sich auf die Spur ihrer Internet-Bekanntschaft Tess, die wie es scheint an einer Krankheit verstorben ist. Sensibilisiert durch den Tod der Mutter, die an Multipler Sklerose erkrankt war, macht sich Leila auf den Weg in eine Kommune in Spanien, in der Tess ihre letzten Tage verbracht haben soll. Ob sie nicht an einen natürlichen Tod glaubt? Kennengelernt haben sich die beiden Mädchen offenbar in einem philopsophischen Chat-Room, die vom selbst ernannten Philopsophen Adrian gegründet und betreut wird. Leilas einziger Freund und das Gerät ihres Vertrauens scheint ihr Laptop zu sein; auf Partys fühlt sie sich unwohl, mit den Zwecken zu denen Alterskameraden soziale Medien nutzen kann sie nichts anfangen, mit deren Lebensweise kann sie, die sie sich selbst eher als Hippie-ähnlich beschreibt, ebenfalls nicht. Sie flieht gerne in den Cyberspace, liebt World of Warcraft, damit das Eintauchen in eine andere Welt und die Übernahme einer Rolle, wählt einen Job in dem sie ebenfalls mit Bits und Bytes zu tun hat, hält sich gerne als intelligente Führerin im Hintergrund, was ihr Nickname Schattenfell bestätigt. Leila ist gerne unauffällig, zieht an einen unauffälligen Ort in eine unauffällige Wohnung. Deren einziger Vorteil ist, dass ein Reklameschild dafür sorgt, dass ihr Laptop-Bildschirm niemals geblendet ist. Leila fühlt sich in Bezug auf ihre Umwelt eher legasthenisch was Posts betrifft, denn ihr als rechtschreib- und zeichensetzungsbewusster Schreiberin ist es ein Graus, Abkürzungen und Jugendsprache zu nutzen. Ebenfalls wundert sie sich auf die Unzulänglichkeiten, die andere User posten. Das Formum Red Pill, angelehnt an die Pille der Wahrheit aus Matrix, kommt ihrem Charakter eher entgehen, so dass sie sich ohne Zweifel darauf einlässt und auch in die Hierarchie als Elite-Denkerin einfügt. Die Wahrheit interessiert Leila, dennoch hinterfragt sie Adrians Formum nicht. Dass damit vermiutlich etwas nicht stimmt, darauf wird der Leser/die Leserin hingewiesen, da sie mehrfach die Polizei ins Spiel bringt. Was beim von Adrian vorgeschlagenen persönlichen Treffen passiert, möchte man nach diesem ersten Kapitel nur zu gerne wissen! Weiterlesen, bitte! Der Autorin Lottie Moggach gelingt es meiner Meinung nach, das Interesse der Leser an ihrer Hauptfigur zu wecken, da sie so gar nicht ist wie es junge Menschen heutzutage sind oder sein wollen. Leila scheint der intelligente Underdog zu sein, der sich in der Welt nicht beweisen muss, da sie ihr Plätzchen gefunden hat, ein Auskommen hat und Anderen nicht in die Quere kommt, was ihr wie sie diskutiert, vertretbar erscheint. Ein interessanter Ansatz als Gegenpol zur Jugendkultur. Die Autorin führt ihre Protagonistin wohl aber ins wahre Leben zurück, was der Einzug in Tess' Kommune nahelegt. Interessant geschrieben, sehr gut lesbar, sehr gut nachvollziehbar, authentisch und spannend!