Trina erzählt

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bavaria123 Avatar

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Südtirol... das war für mich bisher vor allem der Begriff für Skiurlaub, dem Sissi-Weg zum Schloss Trauttmansdroff und dem Ötzi im Archäologiemuseum in Bozen.
Natürlich ist mir auch der Altgrauner Glockenturm der ehemaligen Pfarrkirche St. Katharina ein Begriff. Und da dieser das Cover des Buches "Ich bleibe hier" ziert, war meine Neugierde sofort geweckt.

In dem Buch von Marco Balzano erzählt Trina Hauser ihre Geschichte und die ihres Heimatortes. Eigentlich erzählt sie es ihrer Tochter Marica, aber dank des Autors können auch wir anderen Leser/ -innen daran teilhaben.

Das Buch ist in drei große Kapitel eingeteilt. Beginnend mit "Die Jahre" steigen wir ein in die mittleren 20er Jahre, als unter Mussolini die Italianisierungsphase in Südtirol eingeleitet hat. Für Trina bedeutete es, dass sie nicht als deutschsprachige Lehrerin arbeiten konnte und sie sich für ein landwirtschaftlich geprägtes Leben entschieden hat.
"Auf der Flucht" behandelt die Zeit des Zweiten Weltkrieges, das sogenannte „Hitler-Mussolini-Abkommen“, wo die Südtiroler entweder für Deutschland zu optieren konnten oder die italienische Staatsbürgerschaft im faschistischen Land zu bekommen.
Das abschließende Kapitel "Das Wasser" erklärt dann die Stauungen zum heutigen Reschensee.

Mich hat das Buch tatsächlich von den ersten Zeilen an sehr in den Bann gezogen. Der Schreibstil ist eher nüchtern und einfach und doch oder gerade deshalb berührend. Und so ist die Erzählung eher leise, mit großem Nachhall.

Der Autor schildert die Ängste und die Machtlosigkeit, den Verlust und die Schmerzen des Loslassen müssens. Aber er beschreibt auch die Stärke und die großen Gefühle der Heimatliebe und Treue.

Man kann das 286 Seiten kleine Buch recht schnell durchlesen. Ich habe mir aber bewusst Zeit damit gelassen, denn manche Begebenheiten musste ich doch erstmal verarbeiten.

Sehr schön finde ich die Landkarten vorn (und hinten) im Buch und die Anmerkungen des Autors zu der Idee dieses Werkes.

Bedeutend finde ich, was letztlich der Preis für den Stausee war. An Zahlen waren das 170 gesprengte Häuser, 120 bäuerliche Betriebe mit verlorener Existenzgrundlage, 1000 von der Katastrophe betroffene Menschen.
Trina ist eine von ihnen, wenn auch nur fiktiv, doch aber aufwühlend und beeindruckend.