Wenn man im Weg ist ...

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An sich spricht das Cover schon für sich: Es geht um Reschen bzw. Graun, ein Dorf in Südtirol, und wir befinden uns im 2. Weltkrieg, genauer gesagt in der Zeit zwischen 1939 und 1943. Die Bewohner von Reschen haben die Wahl, ob sie nach Deutschland umsiedeln oder in Italien bleiben – mit allen daraus erwachsenden Konsequenzen. Eine der Einwohnerinnen ist Trina: Sie ist Lehrerin und wild entschlossen, zu bleiben. Eines Tages verbieten ihr die Faschisten, zu unterrichten, und wecken damit ihren Widerstandsgeist. Trina unterrichtet „im Untergrund“. Doch damit nicht genug, denn dann kommt auch noch ein Energiekonzern und will das Dorf fluten, um einen Stausee anzulegen. Trina kämpft mit Leib und Seele, doch das Ergebnis ist bekannt …

Mit „Ich bleibe hier“ schafft Marco Balzano neben einer starken Protagonistin eine beachtliche Geschichte, wie es damals in Reschen zugegangen sein könnte, aber auch, wie Menschen sich heute, selbstverständlich anders nuanciert, fühlen dürften, wenn sie in einem Dorf wohnen, das dem Kohleabbau, dem Bau von Stauseen oder anderen Interessen im Wege steht. Balzano erzählt bedacht und unaufgeregt vom Geschehen und dem Leben der Reschener: einem besonderen Leben, das geprägt ist davon, dass man zwischen der faschistischen Regierung im Norden und der im Süden aufgerieben wird, einem Leben, das schlicht keine Rolle spielt im großen Plan höherer Interessen, einem Leben, das dazu bestimmt ist, zu scheitern. Der unaufgeregte Tonfall Balzanos macht die eigentlich unerträgliche Geschichte noch erträglich, wobei das nicht heißt, dass sie nicht erzählenswert ist. Allerdings fehlte mir durch die nüchterne, teils rauhe Sprache etwas, um es als literarisches Schwergewicht einzustufen (daher auf 4 aufgerundete 3,5 Sterne). Man könnte nur deprimiert aus der Lektüre herausgehen, weil letztlich eine der Lektionen, die die Reschener lernen müssen, ist, dass ihr Kampf sich nicht lohnte. Um einen Einblick in diese sehr besondere Situation zu bekommen, ist das Buch jedoch ein Gewinn.