Es fängt so gut an...

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kainundabel Avatar

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Liest man die ersten 30 Seiten von Rina Franks "Ich folge dir mit geschlossenen Augen" sind die Erwartungen hoch. Mit 48, nach einem Ehemann, zwei Kindern und diversen Lebensabschnittsgefährten verlangt ihr Leben nach Schnitt und Neubeginn. Das scheint auch zunächst zu gelingen, doch dann folgt unvermittelt die Diagnose: Krebs zwischen Herz und Lunge. **Wer jetzt allerdings eine Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen erwartet, sieht sich bald getäuscht. Sie lässt ihren Freund Jakob zunehmend links liegen und stürzt sich wie ein hormongesteuerter Teenager mit unglaublicher Naivität auf Eres, der sie erfolgreich operiert und ihr Herz in doppelsinniger Bedeutung "berührt" hat. Allerdings ist der Mann ihrer Begierde kein Kostverächter, lügt das Blaue vom Himmel herunter und Rina ist derart mit Blindheit geschlagen, dass sie sein falsches Spiel nicht bemerkt, vielleicht gar nicht bemerken will. Spätestens jetzt möchte man ihr raten, den Buchtitel nicht wörtlich zu nehmen, sondern die Augen endlich zu öffnen. Aber wo die Liebe hinfällt ...**

**Was so gut beginnt, entwickelt sich im Laufe der Handlung leider in eine zunehmend triviale Richtung mit dem üblichen Herz-Schmerz-Geplänkel. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass ein an sich spannendes, berührendes Thema derart oberflächlich abgehandelt wird. Da wird keinerlei Empathie beim Leser geweckt, die Handlung verläuft zunehmend zäher und man muss sich förmlich zwingen, das Buch bis zum - erwarteten - bitteren Ende zu lesen. Beeindruckte anfangs auch die feine Beobachtung kleinster Details, die Originalität der Ideen und die leichtfüßige, oft hintersinnige Sprache, so verliert die Erzählerin schnell an Boden und gibt alle diese positiven Eindrücke auf. Es gibt Bücher, die man nicht vermissen würde, wenn sie niemals geschrieben worden wären. "Ich folge dir mit geschlossenen Augen" gehört zweifellos in diese Kategorie. Schade!**