Herrlich herzliches und überspitztes Abbild der Gesellschaft

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leseleo Avatar

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"Ich, mein Vater und die Frau seines Lebens" ist mit einem schlichten, kindlichen Cover geschmückt. Auf diese Weise kommt der Titel besonders gut zum Tragen. Auf den zweiten Blick hätte ich dieses Buch im Laden sicher in die Hand genommen. Die Zitate auf der Rückseite sowie der Klappentext machen dann sofort Lust auf mehr und man bekommt Lust in das Buch hineinzulesen.
Das erste Kapitel schließt sich dem Klappentext leider nicht an. Chaotisch werden scheinbar wahllos Handlungsstränge aneinandergereiht und der Leser muss sich erst einmal zurechtfinden, in welcher Lage er sich gerade befindet. Schon ab dem zweiten Kapitel wird dies besser und man gewinnt deutlich an Lesefluss. Von Beginn an werden Toms Gedanken wunderbar herübergebracht und man kann sich super mit ihm identifizieren. Nach dem ein wenig verkorkstem Beginn kann der Leser an der wunderbaren Geschichte von Paul und Tom teilhaben. Von Anfang an geht man mit den beiden durch Höhen und Tiefen. Von lustigen Begebenheiten mit Jan DeeJay, über die traurige Geschichte um Pauls Mutter, zu Toms neuer Liebe.
Der Aufhänger des Romans ist super gewählt. Die Story rund um eine verrückt TV-Show passt hervorragend in die heutige Zeit und zeigt "Abgründe der Menschheit" auf. Königstein schafft es hervorragend, die Geschichte einer ständigen Steigerung zu unterziehen. Bereits bei Toms Kündigung kam mir der Gedanke, dass "das doch nicht sein Ernst sein kann," aber Tom folgt seinem Paul einfach willenlos. Dieser Gedanke kam mir im Verlauf des Buches noch häufiger, da sich die "Heftigkeit" der einzelnen Storys klasse steigert. Ab der Hälfte des Buches hat Königstein dann völlig den Realitätssinn verloren, aber man ist zu diesem Zeitpunkt bereits an die beiden gefesselt. Mit herrlicher Überspitzung werden Probleme in der heutigen Zeit angesprochen und aufgedeckt. Ganz nebenbei wird auch noch die Annäherung an Toms Frau seines Lebens beschrieben, die klasse in die Gesamtgeschichte hineinpasst und dem Buch eine Abrundung gibt.
Alles in allem war es ein Vergnügen das Buch zu lesen und die Abenteuer von Tom und Paul mitzuerleben. Ständig wurde eine Höhepunktgeschichte mit der nächsten übertrumpft. Die deutlich realitätsfremde Überspitzung in der zweiten Hälfte wirkt zunächst befremdlich, aber passt ins gesamte Bild des Romans. Ein wenig seltsam fand ich die Vermischung von reellen Namen und offensichtlich "veränderten". Meiner Meinung nach wäre es nicht notwendig gewesen, reelle Namen zu verwenden. Dies führte bei mir nur zu Verwirrung. Insgesamt gesehen war "Ich, mein Vater und die Frau seines Lebens" aber eine gelungene Urlaubslektüre, welche sicher nicht mit tiefgründigen Handlungen und Rätseln überzeugt, aber mit Herz geschrieben wurde!