Spannender Thriller, aber ohne "Psycho"

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Mags Mackenzie arbeitet als erfolgreiche Anwältin in Las Vegas. Als ihr Bruder Abe nach einem Treppensturz im Koma liegt, reist sie nach London, um die Formalien zu erledigen. Doch nach und nach kommen ihr Zweifel an der Aussage von Jody, Abes Verlobten, laut der ihr Bruder an Depressionen gelitten haben soll. War der Sturz ein Selbstmordversuch oder wurde er gestoßen?

Die Geschichte an sich ist ziemlich düster und bedrückend geschildert und steht auf den ersten Blick in einem starken Kontrast zu den warmen, freundlichen Farben des Covers. Vielleicht war es auch gerade dieser Kontrast, der mich, neben dem Titel „Ich soll nicht lügen“, neugierig auf diesen Thriller gemacht hat.

Geschildert wird die Handlung abwechselnd aus der Perspektive von Mags und Jody. Später kommt auch noch Mira, eine Nachbarin von Abe und Jody, zu Wort. Außerdem werden immer wieder Rückblenden aus der Vergangenheit eingeschoben. Jedoch wird erst nach und nach klar, wessen Vergangenheit hier erzählt wird.
Leider wurde ich mit keiner der Protagonistinnen so richtig warm. Mags und ihr Bruder Abe haben sich schon vor langer Zeit auseinander gelebt. Sie ist eine erfolgreiche Anwältin geworden, die ziemlich egoistisch und gefühlskalt handelt. Ihr Bruder hingegen wohnte in einer Wohnung für Bedürftige in einer ehemaligen Kirche und war immer darauf bedacht seinen Mitmenschen zu helfen. Als Mags vom Sturz ihres Bruders erfährt, ist sie davon wenig berührt und möchte die Angelegenheit möglichst schnell erledigen. Dann kommen ihr allerdings Zweifel an Jodys Aussage und auf ihrer Suche nach der Wahrheit ist ihr jedes Mittel recht. Dieser Wandel von Gleichgültigkeit bis hin zu einer fast schon manischen Besessenheit, den Sturz ihres Bruders aufzuklären, war für mich nicht so richtig nachvollziehbar. Auch ihr rücksichtsloses Verhalten im Umgang mit ihren Mitmenschen machte sie insgesamt wenig sympathisch.
Jody konnte mir ebenfalls nicht wirklich ans Herz wachsen. Natürlich hatte ich irgendwie Mitleid mit ihr, ist ihr doch schon so viel Schlimmes widerfahren. Dennoch waren mir ihre Gefühlsausbrüche und die emotionalen Schilderungen aus ihrer Perspektive etwas zu viel, sodass es mir schwer viel, mich in sie hineinzuversetzen.
Die Person, die mir insgesamt noch am sympathischsten war, war Abe, und dass, obwohl er die gesamte Handlung über im Koma lag.

Alle in allem ist „Ich soll nicht lügen“ ein durchaus spannender Thriller mit einigen überraschenden Wendungen. Die Bezeichnung Psychothriller, ist in meinen Augen jedoch etwas zu hoch gegriffen. Das psychologische Duell der beiden Protagonistinnen rund um die Frage, wer denn nun lügt, kommt für mich zu kurz, zumal die Antwort eigentlich schon im Klappentext beantwortet wird. Da hatte ich doch etwas mehr erwartet! Insgesamt eine interessante und bedrückende Geschichte, die von mir 4 von 5 Sternen erhält.