Beobachtungen zur menschlichen Rasse

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marionhh Avatar

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Der Mathematikprofessor Andrew Martin hat die Riemannsche Vermutung gelöst, was das Ende aller Probleme der Menschheit und deren Aufbruch in eine neue, bessere Zukunft weit weg von Krieg, Krankheit und Sterblichkeit bedeuten könnte. Um den Fortschritt der Menschheit zu verhindern, wird ein Vertreter vom Planeten Vonnadoria, aus einer weit entfernten Galaxie, zur Erde entsandt, um Andrew Martin und alle, die von der Lösung der Formel wissen, zu eliminieren. Dummerweise findet der Vonnadorianer Gefallen an der menschlichen Rasse und dem menschlichen Dasein und denkt gar nicht dran, seinen Auftrag auszuführen. Das finden wiederum seine Auftraggeber gar nicht lustig...

Köstlich, philosophisch, erhellend! Ein unbekannter Außerirdischer, selbstverständlich von einer höher entwickelten Intelligenz, tötet Andrew Martin und lebt fortan in dessen Körper dessen Leben. Über seine Beobachtungen und Erlebnisse in der Welt der Menschen schreibt er einen Bericht, der zeigen soll, dass die Menschen gar nicht so schlimm sind wie ihr Ruf im Universum ihnen unterstellt. Vordergründig muss er seinen Auftrag erfüllen, wird aber immer mehr in die menschliche Welt hineingezogen und macht dadurch selbst einen Wandel zum menschlichen Wesen durch. Sieht er anfangs die Menschheit als hässliche ignorante Monster, die aufgrund ihrer Sterblichkeit und mittelmäßigen Begabungen mehr oder weniger sinnentleert und ziellos durchs Leben stolpern, so wird er nach und nach durch die Liebe zu zwei einzelnen Erdlingen (und einem Hund) einer von ihnen. Er verändert sein Wesen grundlegend, wird vom analytischen, emotionslosen Unsterblichen zu einem (mit)fühlenden, alternden und sich seiner eigenen Sterblichkeit nur allzu bewussten Menschen. Dieser Prozess dauert das ganze Buch über an. Interessanterweise wird er jedoch zu einem „besseren Menschen“ als der ursprüngliche Andrew, der offensichtlich in seinem Leben gefühllos und ohne Rücksicht auf die, die ihn lieben, durchs Leben ging und dadurch weniger „menschlich“ war als sein nicht-menschlicher Ersatz.

Rein formal ist das Buch in drei Teile unterteilt, im ersten Teil verfolgt der Fremdling noch recht konsequent seinen Auftrag, im zweiten wird er immer mehr zum Menschen und kapselt sich von seinen Auftraggebern und dem Heimatplaneten ab und entscheidet sich für das menschliche Dasein mit all seinen menschlichen Fehlern und Schwächen. Im dritten Teil schließlich kommt es zum finalen Countdown, denn natürlich lässt diese intelligente Spezies nicht zu, dass ein Auftrag unerledigt bleibt und schickt daher einen Ersatz. Kurze Kapitel, knackige Sätze und auch kurze Dialoge lassen den Leser das Buch recht schnell herunter lesen. Der Roman kommt ohne knallende Action, Raumschiffe, Laserschwerter oder ähnliche Science-Fiction-typische Mittel aus. Er überzeugt mehr in seiner philosophischen Betrachtung des menschlichen Daseins und öffnet uns so den Blick und die Möglichkeit der Besinnung aufs Wesentliche.

Denkt der Fremdling anfangs noch im Kollektiv und analysiert alles und packt es in mathematische Formeln, weiß er zum Schluss doch den Wert des Individuums zu schätzen, und vor allen Dingen erkennt er, was den Menschen und dessen Dasein aus macht und was ihm ihm Sinn gibt: die Liebe zu- und die Sorge füreinander. Dadurch, dass er als Außerirdischer einen unverstellten Blick hat und erst einmal alle Menschen über einen Kamm schert und eben NICHT die Individuen, sondern die Menschen als eine Spezies sieht, sozusagen als eine Einheit, zwingt er uns zu der Erkenntnis, dass wir als Menschen doch alle gleich sind und eigentlich alle das eine wollen: geliebt werden, und dass wir unsere wenigen Tage auf Erden nicht mit unnützen und unglücklich machenden Dingen vergeuden sollten.

Fazit: Tja Liebe Menschen, liebe Vonnadorianer, dieses Buch ist für alle, die ein Mangel an Toleranz anderen Spezies und auch – und vor allem! - ihrer eigenen Spezies gegenüber auszeichnet. Denn wisset, jede Lebensform hat ihre Daseinsberechtigung und dient einem Zweck, und jede hat ein Recht auf Leben und auf Glück. Friede im All.