Das Wesen „Mensch“ in 72950 Wörtern.

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Dem hochintelligenten Professor der Mathematik, Andrew Martin, wird genau das zum Verhängnis. Sein Wissen.
Nur aus diesem Grund ergreift ein Wesen, von einem weit entferntem Stern, das keinerlei für die menschliche Spezies übrig hat, Besitz von ihm und übernimmt sein Leben – um die gesamten Spuren von Andrews‘ Entdeckung auszulöschen.
Aber kann es sein, dass sich Abneigung in Zuneigung verwandelt? Missverstehen in Verständnis, sogar in Empathie? „Das Wesen“ wird definitiv auf eine harte Probe gestellt.
Und was hat es eigentlich mit dieser merkwürdigen Kleidung auf sich, die die Menschen zu tragen scheinen?

Kann es ein Buch geben indem der Protagonist ein Alien ist und man trotzdem das Gefühl hat man lese einen völlig realistischen Roman? Ein Buch indem die menschlichen Eigenarten aufgezeigt werden, aber nicht mit einem strafenden Blick hingesehen und dem erhobenen Finger draufgezeigt wird? Eines wo die Mathematik ein großes Thema ist, aber man als „Mathe-Null“ nicht weglaufen, gar das Buch in die Ecke pfeffern mag? Ja. Und wieder ja – Matt Haig gelingt dies in „Ich und die Menschen“ auf beinahe jeder Seite.
Vordergründig ist diese Geschichte der Blick eines anderen Lebewesens auf die Menschen. Des Öfteren hab ich nur gedacht – Du liebe Güte, das ist so wahr! Und das ist es wirklich, es zeigt an so vielen Stellen wie eigenartig unsere Spezies ist, aber auch das es Dinge gibt auf die wir gänzlich stolz sein können und sollten.

Der Außerirdische/Vonnadoriana als Andrew. Zunächst fand ich ihn lustig (Hallo?! Nackt auf der Straße herumlaufen und dabei völlig entspannt sein?), dann unglaublich unsympathisch und glatt, wegen seines anfänglichen Verhaltens und dann flogen die Seiten an mit vorbei und ich fing an ihn zu lieben. Vielleicht denk man im Nachhinein wie vorhersehbar sein Verhalten ist, aber gerade diese Entwicklung macht diese Figur ebenso besonders, wie menschlich. Schade fand ich allerdings, dass er sich für mein Empfinden viel zu rasant verändert hat.
Isobel, die Gute. Mit ihr wurde ich nicht so richtig warm, manchmal hatte ich das Gefühl das sie schon sehr wichtig für die Geschichte ist, mir aber völlig egal ist, weil sie für diese wichtige Rolle, nicht die gewünschte und nötige Tiefe hat. Insgesamt konnte ich mit Andrews‘ bestem Freund Ari da schon mehr anfangen, obwohl er deutlich weniger Präsenz in der Geschichte hat.
Hingegen extrem interessant und wunderbar war für mich Gulliver, Andrews‘ Sohn. Sein Verhalten war absolut passend für einen Teenager in seiner Lage und überhaupt nicht überzogen, wenn man länger darüber nachdenkt, vor allem über die Wichtigkeit eines Vaters in der Entwicklung eines Kindes. Last but not least, Newton, dieser so grandiose Hund. Jeder sollte so einen haben und ihn verstehen!

Herr Haig schreibt sehr flüssig, mit leichtem Drang zur Komik, die dann irgendwie mitschwingt, obwohl der Satz an sich vielleicht gar nicht so lustig ist. Oft denkt man was unglaublich kluges gelesen zu haben, was dazu aber erzwungen wirkt, dies ist aber in diesem Buch nicht so, denn Haig schafft es keineswegs aufgesetzt zu wirken. „Sei lebendig. Das ist deine wichtigste Aufgabe in dieser Welt.“

Mein Fazit:
„Ich und die Menschen“ ist ein guter, sprachlich schöner Roman. Er besitzt viel Humor, das Wunder der Musik, Gedichte von Emily Dickinson, aber auch Gefühl und Sensibilität für den Moment. Über die kleinen Macken kann man mit einem zugedrückten Auge wunderbar hinwegsehen, daher hat die Geschichte gute und solide 4/5 Sternen wohl verdient.