Ich und Monsieur Roger

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cellissima Avatar

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Marie-Renée Lavoie präsentiert mit "Ich und Monsieur Roger" ihren Debütroman.
Die Story ist freilich kein wirkliches Debüt: beim Lesen des Klappentextes stutzt man. Kleines zartes Mädchen, das in einem trostlosen Umfeld lebt, trifft alten Haudegen. Sie wird härter, er wird feiner; sie lernen voneinander ... und beide machen sich das Leben gegenseitig ein wenig heller und bunter.
Das kennt man doch irgendwoher?!
Solche Generationen-Freundschafts-Romane scheinen unter französischen Autoren nach wie vor hoch im Kurs zu stehen, haben doch in letzter Zeit einige von ihnen von dieser Thematik Gebrauch gemacht - man denke nur an Marie-Sabine Roger´s "Das Labyrinth der Wörter" oder Muriel Barbery´s "Die Eleganz des Igels".

Bei Marie-Renée Lavoie geht es konkret um Hélène, eine zarte 8-Jährige, und Roger, einen 80-jährigen Dauernörgler, dessen Flüche es gar locker mit denen der Finnen aufnehmen können - und diese sind ja nun wirklich bekannt dafür, wie keine zweite Nation fluchen zu können!

Hélènes Leben ist ziemlich trostlos: trotz ihres jungen Alters muss sie schon Zeitungen austragen, um der Familie Geld zu beschaffen.
Ihr Vater trinkt tagein, tagaus, ihre Mutter ist ein wahrer Feldwebel.
Um diesem Elend zu entfliehen, flüchtet sie sich in Tagträume.
Hélène ist ziemlich einsam - bis zu dem Tag, an dem Roger nebenan einzieht.

Fortan verbringen diese beiden Außenseiter viel Zeit miteinander: Hélène gibt Roger seinen verlorenen Lebensmut zurück, Roger gibt Hélène den Schutz und die Rückenstärkung, die sie so dringend braucht. -Und beide haben viel Spaß miteinander!


Wer die anderen Romane, die sich dem Thema Generationen- und Bildungs-Freundschaften widmen, gelesen hat, der wird freilich hier nicht die Augen vor gewissen Parallelen verschließen können.
Damit sollte man vor der Lektüre rechnen und dies sollte man tolerieren können, um nicht irgendeines dieser Werke als Abklatsch zu empfinden.
Auch, wenn die Geschichte ganz nett ist - diesen Makel hat sie.
Die Parallelen zeigen sich nicht nur beim Inhalt an sich, sondern auch bei der Schreibweise: auch "Ich und Monsieur Roger" ist - als unvermeidliche Folge der Thematik- gespickt mit Schimpfwörtern und Flüchen; mal sind diese passend, mal waren sie mir persönlich etwas zu viel des Guten. -Diese Stellen sind aber zum Glück in der Minderzahl.

Der Roman ist immer leicht und poetisch, immer wieder auch urkomisch - eine schöne Mischung!
Und wie so viele französische Romane ist auch "Ich und Monsieur Roger" sehr warmherzig.

Man schließt die kleine Hélène, die so stark und erwachsen ist für ihr Alter, sich den Widrigkeiten des Lebens so bewundernswert stellt und alles möglichst positiv sieht, schnell in´s Herz - ebenso den kauzigen, aber doch herzensguten und humorvollen Roger.

Insgesamt ein gelungenes Debüt, das einem schöne Lesestunden schenkt!