Dark Academia mit tollem Magiesystem

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ceecee Avatar

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Ich liebe gut geschriebene, originelle Urban Fantasy – und genau das liefert If We Were Gods, trotz einiger kleiner Schwächen.

Zunächst zum Cover: Großes Lob an den Verlag für diese liebevolle und außergewöhnliche Gestaltung! Wie cool ist bitte dieser Umschlag mit Cutout/Riss und Blick auf die nächste Ebene? Thematisch passt das Design perfekt zum Thema und zur Atmosphäre des Buchs und auch die Farbseiten zu Beginn und am Ende sowie der Farbschnitt sind ein echter Augenschmaus - absolut gelungen und ein sehr schönes Extra, um die Welt noch lebendiger werden zu lassen.

Was mich an “If We Were Gods” am meisten fasziniert hat, war definitiv das einzigartige Magiesystem! Die Ebenen, die Zirkel, die Schriftzeichen… Ich hatte nicht das Gefühl, dass hier irgendetwas wiedergekäut wird, was man schon zig Mal in anderen Büchern gelesen hat. Und dadurch hat es Spaß gemacht, mehr von der Welt zu erfahren, die Charaktere auf der Suche nach Schriftzeichen auf die Ebenen zu begleiten und mitzurätseln, was das ein oder andere Schriftzeichen für einen Nutzen und Machtgewinn für die Protagonisten bedeuten könnte. Ich hätte sehr gern noch mehr von dieser Welt gesehen! Leider konzentriert sich die Handlung fast ausschließlich auf die Academy, und auch wenn gesellschaftliche Strukturen und der Platz der Magier in diesen angedeutet werden, bleibt es in diesem Einzelband bei einem kleinen Einblick in diese Welt. Trotzdem: Das Worldbuilding ist faszinierend – und da mehr Infos für die Story auch nicht unbedingt notwendig gewesen wären, ist das eher Lob als ein Kritikpunkt.

Der Schreibstil ist flüssig und mitreißend, das Pacing gut abgestimmt, und die Spannung bleibt durchweg bis zum Ende erhalten. Auch wenn man einzelne Elemente des Finales erahnen konnte, war die Auflösung überraschend und wartet mit einigen gelungenen Plot-Twists auf, die ich so definitiv nicht habe kommen sehen.

Nichtsdestotrotz hat die Erzählung auch einige kleinere Schwächen. So fand ich zwar alle Charaktere interessant, und einen neurodivergenten Hauptcharakter wie Milo sieht man in dem Genre nicht jeden Tag, aber trotzdem hatte ich am Ende irgendwie das Gefühl, keinen der Charaktere so richtig zu kennen. Die Motive der Charaktere kamen mir für das, was auf dem Spiel stand, zu blass und stereotyp vor. Die ganze Gruppendynamik, die Thematik rund ums Dazugehören-wollen, Gruppendruck, etc. und Olivias Motivation fand ich dagegen sehr gut und nachvollziehbar dargestellt.

Auf die Romanzen im Roman hätte ich persönlich verzichten können, denn ohne hätte der Roman aufgrund der spannenden Story genauso gut funktioniert. Und auch wenn Olivias Beziehung zu Milo zum Ende hin ganz niedlich ist, konnte ich ihre Entwicklung emotional nicht wirklich nachvollziehen. Vielleicht lag das zum Teil an Milos Emotionslosigkeit, aber insgesamt fehlte mir hier Tiefe jenseits der physischen Anziehung, um der Beziehung mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen. Auch die intimen Szenen waren mir zu sehr nach Schema F formuliert. Wann hört dieser Trend endlich auf, dass Sexytime-Szenen damit eingeleitet werden müssen, dass der FMC gegen irgendetwas gedrückt wird (und sich ihr Unterleib zusammenzieht)?

Aufgrund der genannten Kritikpunkte, würde ich “If We Were Gods” daher 4 von 5 Sternen geben. Man bekommt hier trotz kleinerer Schwächen bei der Figurenzeichnung und Romantik einen spannenden Young Adult Dark Academia Fantasy-Roman mit origineller Grundidee, dichter Atmosphäre und großartigem Magiesystem, der sich in Grundzügen mit dem Wunsch nach Anerkennung und den Grenzen von Ambition und Ethik beschäftigt und definitiv Spaß zu lesen macht. Das wird sicherlich nicht das letzte Buch gewesen sein, das ich von Lara Große lese.