Spannend, wendungsreich mit uninspiriertem Cover

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Angela Marsons „Ihr stummer Schrei“ bietet auf den ersten Blick eine klassische Krimi-Story mit einer zunächst knallharten Hauptprotagonistin, die aber im Verlauf nach und nach ihren „weichen“ Kern und die traumatische Vergangenheit preisgibt. Detektive Inspector Kim Stone wird von ihrem Team und den Vorgesetzten geschätzt, aber auch kritisiert, weshalb ihre unkonventionellen und oft eher auf einem Bauchgefühl basierenden Methoden von Vorgesetzten nur aufgrund ihrer Erfolgsquote geduldet werden. Grundsätzlich entspricht D.I. Kim Stone nicht dem Stereotyp einer Frau, aber mit ihrem raspelkurzen Haar, der unprätentiösen Art und ihrer Leidenschaft für Motorräder dann doch wieder dem der typischen knallharten Polizistin.
Das ist irgendwie schön, es vermittelt einem das Gefühl, dass alles seine Ordnung hat und die Rollen klar verteilt sind. Es beruhigt sozusagen, denn der Fall ist aufregend genug: Es gibt ein zehn Jahre altes Geheimnis und mit dem ersten Mord, der eigentlich der zweite ist, beginnt die Suche nach dessen Auflösung. Insgesamt gab es fünf Mitwisser, jetzt sind es noch vier und zumindest Opfer Nr.1 ist scheinbar überrascht gewesen, wer es sich nach zehn Jahren zur Aufgabe gemacht hat, eine längst vergangene Tat zu sühnen.

Marsons Sprache ist geradlinig, unverschnörkelt und auf den Punkt. Sie verliert sich nicht in unnötigen Beschreibungen der Orte, aber bleibt atmosphärisch dicht und vermittelt ein Gefühl für die Situation, die Szene, die Menschen. Die Protagonisten sind gut beschrieben, haben so viel Tiefe, wie es ihrer Rolle in der Geschichte zu kommt. Vor allem Kim Stone ist von Beginn an sehr sympathisch, aber selbst Nebencharaktere wirken gut gezeichnet.
Die Story hat ein ziemliches Tempo und lässt einem kaum die Chance, das Buch aus der Hand zu legen. Während in einigen Bereichen tatsächlich Stereotype strapaziert werden, legt die Handlung dennoch zahlreiche überraschende Wendungen hin und bleibt so spannend bis zur letzten Zeile. Auch der Bezug zum Titel „Ihr stummer Schrei“ erschließt sich erst am Ende des Buchs.

Das Cover der E-Book-Ausgabe spricht mich überhaupt nicht an, sie wirkt wie ein beliebiges Template, was gerade verfügbar gewesen ist. Da mag ich die Illustration der Print-Ausgabe definitiv lieber.