Gemeinsam sind wir stark...

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alsterschwan Avatar

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Libby Page hat mit ihrem Debütroman „Im Freibad“ einen wunderschönen Sommerroman geschrieben, der mich für einige Zeit in den quirligen Londoner Stadtteil Brixton „gebeamt“ hat.
Die 86-jährige Rosemary hat ihr ganzes Leben in Brixton verbracht, das Freibad war für sie ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt: dort hat sie ihren Mann George während der Siegesfeier nach dem 2. Weltkrieg kennengelernt, dort hat er ihr einen Heiratsantrag gemacht, dort sind sie gemeinsam geschwommen, dort – so hat sie das Gefühl – ist sie ihm nach seinem Tod immer noch nah. Auch deshalb schwimmt sie in diesem Freibad „seit über 80 Jahren“ (S.200) – und nun soll es geschlossen werden! Eine Immobilienfirma möchte das Freibad in ein Fitnesscenter und einen Tennisplatz nur für die Bewohner ihrer Immobilie umwandeln.
Kate ist eine junge Nachwuchsjournalistin beim Brixton Chronicle und berichtet meist „über entlaufene Haustiere, Straßenbauarbeiten und Baugenehmigungen.“ (S. 17) Nun ihr erster „richtiger“ Auftrag: sie soll über die Schließung des Freibades berichten... Aber Kate ist einsam in London. Sie erzählt niemanden „..., dass sie an manchen Tagen einfach nicht aufstehen will und dass sie vergessen hat, wie es sich anfühlt, glücklich zu sein.“ (S. 26) Und da sind auch noch die Panikattacken, die sie jederzeit unvorbereitet „anspringen“ können...
Kate interviewt Rosemary, aus dem einmaligen Artikel wird eine Serie. Kate und Rosemary werden Freundinnen – obwohl sie unterschiedlicher kaum sein können. Gemeinsam mit Rosemarys Freunden versuchen sie, das Freibad zu retten.
Es ist eindeutig ein Buch der „leisen Töne“. Wir erfahren viel über das Leben von Rosemary und über ihre große Liebe George, mit dem sie über 50 Jahre zusammengelebt hat. Wir lernen Kate besser kenne und erahnen, wie es zu der Trostlosigkeit in ihrem Leben und zu den Panikattacken kommen konnte. Aber auch die anderen Personen hat Libby Page sehr gut charakterisiert, liebevoll und respektvoll beschrieben – zwischendurch wäre ich gern mal nach Brixton in dieses Freibad gefahren und hätte die Menschen dort persönlich kennengelernt und unterstützt!
Libby Page hat es geschafft, eine ausgewogene Balance zwischen sehr berührenden Momenten, aber auch wieder amüsanten Schilderungen zu wahren. Jeder Elternteil von pubertierenden Kindern wird diesem Satz sofort zustimmen.: „Einem Teenager zu sagen, er solle etwas positiv sehen, ist so, als würde man einer Pflanze empfehlen, sich selbst zu gießen.“ (S.266) Oder: „Wenn sie (Rosemary) die Größe auf dem Etikett sieht, ist sie jedes Mal überrascht. Sie war immer schlank. Sie fühlt sich wie eine schlanke junge Frau, die die Kleider einer fetten alten Dame trägt.“ (S. 78) Ja, ja…
Obwohl ich eigentlich kein Cover-Typ bin, muss ich in diesem Fall einen Satz darüber verlieren: hier fand ich das Cover zum Buch absolut stimmig, mir gefiel auch, dass es sich in den Innenseiten fortsetzt. Ich glaube, dieses Buch an heißen Tagen auch nur anzuschauen, lässt einen schon etwas abkühlen!
Mir hat das Buch wirklich ausgesprochen gut gefallen, deshalb kann ich hier mit gutem Gewissen eine ganz klare Leseempfehlung abgeben!