Wie bildet man das Zusammengehörigkeitsgefühl?

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kleine hexe Avatar

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Ganz einfach: man kämpft um den Erhalt des Schwimmbads. Und genau das wird eindrucksvoll in diesem Buch gezeigt. Es ist kein Buch der großen Gesten, kein Pathos, keine laut deklamierten Gefühle. Alles findet statt mit dem berühmten britischen Understatement, es klopft sich niemand mit der Faust auf die Brust, oder haut gar damit auf den Tisch. Man tut einfach das Nötige, das Richtige, das Menschliche.
In Brixton, einem Londoner Viertel, gibt es ein altes Schwimmbad, das sommers wie winters von eingefleischten Schwimmern besucht wird, im Sommer auch Familien mit Kindern, Jugendliche, eben das normale Publikum in einem Freibad. Doch nun will die Gemeinde dieses Freibad schließen, weil nicht mehr rentabel. Außerdem hat ein reicher Investor viel Geld für das Gelände angeboten. Das Freibad soll abgerissen werden, anstelle wird ein Luxuswohnkomplex mit Tennisanlage gebaut. Gentryfying hat Brixton erreicht. Widerstand beginnt sich zu regen. Am vehementesten ist Rosemary dagegen. Sie ist über 80 Jahre alt, ist seit frühester Jugend täglich her schwimmen gekommen, hier hat sie sich mit ihrem zukünftigen Ehemann George zum ersten Mal geliebt, hier hat George zahlreichen Kindern das Schwimmen beigebracht, und jetzt im Alter kommt sie immer noch täglich schwimmen. Bei der lokalen Zeitung wird man auf sie aufmerksam, man schickt die junge Journalistin Kate darüber zu schreiben. Schüchtern und verklemmt, entwickelt sie plötzlich, durch die Bekanntschaft und später Freundschaft mit Rosemary, ungeahnte Fähigkeiten. Sie lässt sich von Rosemarys Schwimmbegeisterung anstecken und beginnt Pläne auszuhecken, wie das Schwimmbad doch noch zu retten sei. Durch ihre Artikel, ihren Internetaufruf und ihre Aktionen beginnen immer mehr Menschen auf das Schwimmbad aufmerksam zu werden, die Proteste gegen die Schließung nehmen am Umfang zu. Nachbarn, Anwohner, Laden- und Marktbudeninhaber helfen mit, beteiligen sich an den Aktionen. Sie wissen, jede Schließung in Brixton ist auch für ihr Geschäft abträglich. Es fallen keine großen Worte, auch das Showdown läuft eher unspektakulär, aber dennoch effizient ab, jederzeit wird der „common sense“ bewahrt. How very British!
Der Erhalt des Schwimmbades wird in buchstäblich letzter Minute möglich gemacht, aber wiederum ohne große Pauken und Trompeten, nicht mal ein kleiner Tusch ist da. Ist auch nicht nötig. Die Freude der Menschen genügt vollkommen.
Auch die Schlussszene, ist dermaßen unerwartet, dass sie schon wieder erwartet wird, dass sie als einzige mögliche Schlussszene für dieses lesens- und liebenswerte Buch erscheint.