Zwischen den Welten
„Im Leben nebenan“ ist ein Wagnis, ohne etwas zu wagen. Ein Novum, ohne etwas Neues zu erzählen. Nichts und wieder nichts. Es schwebt zwischen zwei Welten. Keiner so richtig zugehörig. Alles ganz verwaschen.
Die Prämisse dieses eher kurzen Romans ist fantastisch und folgt ganz dem „Was wäre, wenn…?“-Trope. Antonia und Toni: Zwei Personen, die im Kern gleich sind, aber andere Leben führen: Mit und ohne Kind. „Im Leben nebenan“ ist eine bodenständige Geschichte über Alternativrealitäten, die sich ganz weit weg vom Science-Fiction bewegt und ein Gedankenexperiment wagt.
Mehr als ein Gedankenexperiment wird einem auf 272 Seiten aber nicht serviert. Eine Spannungskurve, gar ein klarer Plot fehlt völlig. Würde man die ständigen Aufzählungen des Alltags der Hauptfiguren weglassen, bliebe wenig Substanz. Wieso muss ich wissen, dass Toni den Apfel halbiert, bevor sie ihn viertelt? Die präzisen Beschreibungen glänzen aber wieder dann, wenn die Beziehung zwischen zwei Menschen in den Fokus rückt. Wie toll beobachtet solche kleinen Momente sind!
Mich hat am meisten der Schreibstil gestört. Es entsteht nie ein Leseflow, ich wurde mit Informationen überrumpelt, die Erzähldichte ist viel zu hoch. Darüber hinaus nimmt die Autorin Klischees aufs Korn, aber fällt ihnen selbst zum Opfer. Es werden Phrasen genannt wie: „Es klingt wie die Szene in einem Film.“ Beschreibe es mir doch wie es klingt, statt einen nichtssagenden Vergleich zu deinen Gunsten zu nutzen.
Fragen sind häufig Feststellungen in diesem Roman. Beispiel: „Wohin. Wohin soll sie gehen.“ (S. 99). Verben fehlen sehr häufig: „Hatte sich nicht bloß ausgemalt, wie er es machen, welche Worte er wählen würde, sich vorgestellt, welche Frisur sie, wie das Kleid, wie der Blumenstrauß.“ (S. 184). Nein, ich habe die Stelle nicht verkürzt, genau so steht sie im Roman und genauso wurde sie scheinbar auch vom Lektorat final abgenickt. Alles nicht schlimm, wenn dieses stilistische Mittel verstreut vorkommen würde, doch ist es leider kein stilistisches Mittel mehr, sondern der komplette Erzählstil. Weiteres Beispiel: „Wenn Jakob neben ihr läge, dachte sie, dann.“ (S. 82). Ja? Was dann? Erzähl es mir doch bitte. Lass mich teilhaben an den Gedanken der Figur. So früh kann man es beim besten Willen nicht den Leser:innen überlassen, weiterzudenken.
Der Debütroman von Anne Sauer reiht sich zwischen „Eva“ (Verena Kessler) und „Nie, nie, nie“ (Linn Stromsborg) ein, ist aber in direkter Konkurrenz nicht die bessere Wahl. Er ist zu inkonsequent, der Gedanke hinter dem Roman ist stärker als die Umsetzung. Vor allem der Schreibstil ist meiner Meinung nach eine Häufung von kurzen, abgehackten Sätzen, die spätestens auf Seite 50 repetitiv wirken.
Die Prämisse dieses eher kurzen Romans ist fantastisch und folgt ganz dem „Was wäre, wenn…?“-Trope. Antonia und Toni: Zwei Personen, die im Kern gleich sind, aber andere Leben führen: Mit und ohne Kind. „Im Leben nebenan“ ist eine bodenständige Geschichte über Alternativrealitäten, die sich ganz weit weg vom Science-Fiction bewegt und ein Gedankenexperiment wagt.
Mehr als ein Gedankenexperiment wird einem auf 272 Seiten aber nicht serviert. Eine Spannungskurve, gar ein klarer Plot fehlt völlig. Würde man die ständigen Aufzählungen des Alltags der Hauptfiguren weglassen, bliebe wenig Substanz. Wieso muss ich wissen, dass Toni den Apfel halbiert, bevor sie ihn viertelt? Die präzisen Beschreibungen glänzen aber wieder dann, wenn die Beziehung zwischen zwei Menschen in den Fokus rückt. Wie toll beobachtet solche kleinen Momente sind!
Mich hat am meisten der Schreibstil gestört. Es entsteht nie ein Leseflow, ich wurde mit Informationen überrumpelt, die Erzähldichte ist viel zu hoch. Darüber hinaus nimmt die Autorin Klischees aufs Korn, aber fällt ihnen selbst zum Opfer. Es werden Phrasen genannt wie: „Es klingt wie die Szene in einem Film.“ Beschreibe es mir doch wie es klingt, statt einen nichtssagenden Vergleich zu deinen Gunsten zu nutzen.
Fragen sind häufig Feststellungen in diesem Roman. Beispiel: „Wohin. Wohin soll sie gehen.“ (S. 99). Verben fehlen sehr häufig: „Hatte sich nicht bloß ausgemalt, wie er es machen, welche Worte er wählen würde, sich vorgestellt, welche Frisur sie, wie das Kleid, wie der Blumenstrauß.“ (S. 184). Nein, ich habe die Stelle nicht verkürzt, genau so steht sie im Roman und genauso wurde sie scheinbar auch vom Lektorat final abgenickt. Alles nicht schlimm, wenn dieses stilistische Mittel verstreut vorkommen würde, doch ist es leider kein stilistisches Mittel mehr, sondern der komplette Erzählstil. Weiteres Beispiel: „Wenn Jakob neben ihr läge, dachte sie, dann.“ (S. 82). Ja? Was dann? Erzähl es mir doch bitte. Lass mich teilhaben an den Gedanken der Figur. So früh kann man es beim besten Willen nicht den Leser:innen überlassen, weiterzudenken.
Der Debütroman von Anne Sauer reiht sich zwischen „Eva“ (Verena Kessler) und „Nie, nie, nie“ (Linn Stromsborg) ein, ist aber in direkter Konkurrenz nicht die bessere Wahl. Er ist zu inkonsequent, der Gedanke hinter dem Roman ist stärker als die Umsetzung. Vor allem der Schreibstil ist meiner Meinung nach eine Häufung von kurzen, abgehackten Sätzen, die spätestens auf Seite 50 repetitiv wirken.