Der Schmutz der Schuhfabrik

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constanze_pachner Avatar

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"Wie kann man den Fußstapfen des Vaters entkommen oder gar entwachsen, wenn dieser den Titel 'Kaiser der Schuhe' innehat, eine Schuhfabrik sein Eigen nennt und auch sonst mit seinen Spleens recht vereinnehmend bis übergriffig ist?
Der 26-jährige Bostoner Jude Alex Cohen - der bislang nur eine Aufgabe hatte: Sohn sein - versucht im chinesischen Foshan genau das. Auch mit Hilfe der Arbeiterin Ivy, die ihm ihr Leben und die jüngere Geschichte Chinas zeigt und Alex damit ganz neue Wege eröffnet." (Klappentext)

Dieses Debüt des gefeierten jungen Amerikaners trabt mit einer leichten, zum Lachen anregenden Sprache durch das Geschehen. Zweifelsohne transportiert der Autor dem Leser sein empathisches Gespür für die Kreation der Charaktere, in dem er gezielt nicht an der Oberfläche derer haften bleibt. Er durchdringt diese und wühlt die Innenleben der Charaktere sensibel, aber ohne Schonung auf.

Leider wirkt die Geschichte zu sehr konstruiert, Überraschungen bleiben aus, vieles lässt sich erahnen und manches wiederholt sich dezent unspektakulär. So sehr mich die Charaktere, die Dialoge, die kapitalistische Welt Chinas sowie der Coming-of-age - Weg des jungen Mannes an vielen Stellen berühren konnten, fehlte dem ganzen der rote Faden, der eine Sogwirkung auswirken kann.

Gelungen ist in dieser Konstruktion, eine Verbindung zu schaffen zwischen der Emanzipation eines Sohnes reicher Eltern, der Beginn der Emanzipation eines Landes sowie einer Branche:

" 'Wir brauchen unsere eigenen Ideen. Wir brauchen unsere eigene Marke. Wir müssen selbständig denken wollen.' Das galt für die ganze Branche, dachte ich, während ich wartete, bis der Applaus verebbte. Es galt für ganz China. Und es galt für mich. Vor allem für mich." (S.359)