Die Väter und ihre Söhne – eine Geschichte die in zwei Welten spielt und doch sehr viel Parallelen aufzeigt

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
ava_lon Avatar

Von

Inhalt
Wie kann man den Fußstapfen des Vaters entkommen oder gar entwachsen, wenn dieser den Titel »Kaiser der Schuhe« innehat, eine Schuhfabrik sein Eigen nennt und auch sonst mit seinen Spleenen recht einnehmend bis übergriffig ist? Der 26-jährige Bostoner Jude Alex Cohen – der bislang nur eine Aufgabe hatte: Sohn sein – versucht im chinesischen Foshan genau das. Auch mit Hilfe der Arbeiterin Ivy, die ihm ihr Leben und die jüngere Geschichte Chinas zeigt und Alex damit ganz neue Wege eröffnet.
Cover
Hier kommt die Verspieltheit der Affen zur Geltung und diese Symbolik gehört ebenso zu China wie Mao. Auch das Zitat von Zhang „Man schlachtet ein Huhn, um den Affen Angst zu machen“ geht in diese Richtung.
Ein Wort vorneweg
Meine Rezensionen können sowohl Spoiler enthalten als auch Analysen und Bewertungen, wobei der Schwerpunkt auf meinen persönlichen Eindrücken liegt.
Mein Eindruck
Es ist kein leicht zu lesendes Buch und es hat etwas gedauert, bis der Funke tatsächlich übergesprungen ist und dann war ich einfach nur noch neugierig, wie Alex Cohen mit den Herausforderungen umgeht.
Alex Cohen stammt aus einer jüdischen Familie und sowohl die Religion als auch die Erzählungen seiner Eltern, Großeltern und anderen Familienmitglieder haben ihn stark geprägt. Seine Gedanken sind voll von alten Glaubenssätzen, Werten und Vorstellungen, mit denen er sich nicht zwingend anfreunden kann. Sein Aufenthalt in China, in Foshan, bei seinem Vater zwingt ihn über den Tellerrand zu schauen, über sich selbst und seine Zukunft als Schuhfabrikant nachzudenken. Eine Zukunft in der die Demokratie offenbar keinen Platz hat, in denen menschenverachtende Zustände in den Fabriken herrschen, in denen die Umwelt keine Rolle spielt und nur das Geld zählt.
Ein ausländischer Schuhfabrikant ist nur so erfolgreich, wie die chinesischen Geschäftspartner es zulassen und der junge Alex gerät immer mehr in einen Interessenkonflikt. Denn er sieht auch die andere Seite von China, die Armut und Ausbeutung, die Unterordnung und die Fassungslosigkeit über das Hinwegsehen von Taten die sich indirekt auswirken. Und doch fühlt er sich hilflos, machtlos und schafft es nur immer wieder die Augen zu verschließen und eine mögliche Verantwortung wegzuschieben.
Er merkt selber, wie dumm sein Verhalten ist, wie er die Sprüche seines Vaters imitiert, um dessen Anerkennung zu gewinnen und wie er immer mehr zum Spielball wird. Mit Ivy einer Chinesin, in die er sich verliebt, gerät er zunehmend zwischen die Fronten. Sie führt ihm immer mehr das chinesische System vor Augen und Alex erkennt, dass die chinesische Welt und die jüdische Welt einige Gemeinsamkeiten haben.
Zitat: „Wir stecken in den gleichen Schuhen“ und „Das Schicksal bringt Menschen zusammen, egal woher sie kommen.“
Letztlich muss sich jeder entscheiden, wie der eigene Weg aussieht und Alex trifft seine Entscheidung. Wie hoch dabei die Anteile aus der Vergangenheit, die Manipulation durch andere, das Ehrgefühl, die Scham, die Schuldgefühle oder der eigene Antrieb an dieser Entscheidung sind, ist erst nach dem Lesen der ganzen Geschichte möglich.
Fazit
Eine interessante Erzählung, ein Stück Lebensgeschichte und ein Bild über die wirtschaftlichen Interessen, über Manipulation und Korruption. Ein Weg der sich erst langsam entwickelt.
Für mich war es sehr spannend eine weitere Facette von China kennenzulernen, die zum Teil meine eigenen Erlebnisse im Reich der Mitte widerspiegeln.
Allerdings gibt es auch den einen oder anderen Kritikpunkt. Der Schreibstil ist manches Mal ein wenig hakelig und der Lesefluss wird dadurch unterbrochen. Es gibt auch einige Längen und die Zuordnung einzelner Absätze zu Erinnerungen, Erzählungen usw. ist manchmal nicht deutlich genug. Insgesamt finde ich diese Geschichte als sehr lesenswert.