Ein ganzes Dorf schweigt

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evelynm Avatar

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Oliver von Bodenstein kann es kaum erwarten, in sein Sabatical zu starten und hofft auf ein paar ruhige Tage im K11 in Hofheim. Doch es kommt anders: seine Kollegin Pia Sander und er werden zu einem Wohnwagenbrand im Wald bei Ruppertshain gerufen. Im Wohnwagen finden sie eine Leiche und die Ermittlungen beginnen. Es bleibt allerdings nicht bei einem Opfer, denn kurz darauf wird die im Hospiz lebende und sterbenskranke Rosie Herold ermordet aufgefunden. Für die Nacht des Wohnwagenbrandes gibt es einen Zeugen, der sich allerdings aus gutem Grund auf der Flucht befindet. Oliver von Bodenstein und Pia Sander treten lange Zeit auf der Stelle und jede neue, kleine Spur wirft nur noch mehr Fragen auf. Zudem wird Bodenstein in seine Jugendzeit in Ruppertshain zurückversetzt, als sein bester Freund Artur – Sohn russischer Einwanderer – und Bodensteins Fuchs eines Nachts spurlos verschwinden. Alle Einwohner des Dorfes hüllen sich in Schweigen und bald ist es ein sehr persönliches Anliege für Bodenstein, den alten Fall aus dem Jahr 1972 wieder aufzurollen. Er ist sich im Laufe der Ermittlungen immer sicherer, dass die beiden Morde, denn um solche handelt es sich bei der Brandleiche und der alten Frau, mit dem damaligen Verschwinden von Artur zusammenhängen und der Mörder versucht, seine Tat zu vertuschen. Die Kollegen des K11 schlagen sich viele Nächte um die Ohren, um endlich eine heiße Spur zu finden und Pia Sander sorgt sich, wie sie ohne Bodenstein weiterarbeiten soll, wenn er das K11 verlässt.
Nele Neuhaus ist wieder einmal ein sehr spannender, emotional aufgeladener und für Oliver von Bodenstein sehr persönlicher Krimi gelungen. Alleine schon das Cover erzeugt einen Wow-Effekt und ist sehr stimmig mit der Geschichte um den Wald bei Ruppertshain, die düsteren Geheimnisse, die sich darin verbergen und Maxi, der Fuchs, dessen rotes Fell sich als Blickfang neben den leicht erhabenen Buchstaben des Autorennamens und des Titels abhebt.
Das Leben in einem Dorf mit seinen Einwohnern, eigenwillig, wortkarg, intrigant und auch naiv wird hier zum Schauplatz mehrerer Morde und dem Verschwinden eines russischen Jungen, der dort nie akzeptiert oder gar gemocht wurde. Arturs Verschwinden ruft auch nach über 40 Jahren Schuldgefühle und Trauer, ebenso wie Wut und ein verbissenes Suchen nach Antworte in Oliver von Bodenstein hervor. Ich konnte mich sehr gut in ihn hineinversetzen und habe mit ihm gehofft und gebangt, dass er die Ereignisse des Sommers 1972 aufdeckt und seinen Frieden findet. Die bisweilen sehr verworrenen Familienverhältnisse der Ruppertshainer Bürger haben auch mich immer wieder auf falschen Fährten gelockt und Bodensteins Wut über das Schweigen der ehemaligen „Kinderbandenmitglieder“ und ihre Ignoranz waren für mich sehr präsent. Alle Charaktere sind so sorgfältig und bildlich beschrieben, so dass ich mir sie gut vorstellen konnte. Da ich bereits ein paar Fälle von Bodenstein und Sander, ehem. Kirchhoff, gelesen habe, war ich sehr gespannt auf diesen neuen Fall und meine Erwartungen wurden übertroffen. Das Team um Bodenstein und Sander mit ihren Eigenarten und Stärken war zudem sehr unterhaltsam und ich bin etwas traurig, dass sich Bodenstein zurückzieht. Ich hoffe doch sehr, dass Nele Neuhaus auch weiterhin über das K11 in Hofheim schreibt und es vielleicht ein „Wiedersehen“ mit dem sympathischen Kommissar gibt.
Für mich ist „Im Wald“ ein sehr unterhaltendes, spannendes und gelungenes Buch.