Mich kriegt nichts klein

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Das Zitat „Mich kriegt nichts klein“ ist das Credo dieses Romans und seiner Hauptfigur Luise Adler, einer jungen Frau, die Vorbild sein kann auch für uns, die wir fast 80 Jahre später leben. Mutig und unerschrocken zeigt sie der Welt die Stirn, verzagt nicht und kämpft für ihr Glück.
Die Schriftstellerin Charlotte Inden schrieb bisher Kinder- und Jugendbücher, nun hat ihren ersten erwachsenen Roman – oder sagt man besser Erwachsenenroman? – vorgelegt und sich eines sehr emotionalen Themas angenommen. Die als War Brides (zu deutsch Kriegsbräute) bezeichneten Frauen, die nach dem zweiten Weltkrieg die Freundinnen, Verlobten und später manchmal sogar Ehefrauen der amerikanischen Besatzungssoldaten wurden, werden hier in einem neuen Licht gezeigt. Der „War Brides Act“, der Ende 1945 diese Beziehungen erlaubte, ist in die amerikanische Geschichte eingegangen. Unzählige Frauen machten sich in der Folge auf, ihren Verlobten in die USA zu folgen.
Der Roman – bzw. die Enkelin Elfie – erzählt die Geschichte von Luise Adler und Joseph Hunter, die alles andere als unkompliziert verläuft. Beginnend am Ende des Krieges, mit der Befreiung Deutschlands durch die Amerikaner, die nicht überall mit offenen Armen empfangen wurden, verläuft der Erzählstrang entlang Luises Leben bis zu dem Punkt, an dem sie „sitzengelassen“ auf dem US-amerikanische Flughafen strandet und dann weiter bis in die heutige Zeit.
Enkelin Elfie erzählt diese Geschichte ihrem zufälligen Sitznachbarn im Flugzeug, als sie auf der Reise von Europa nach Amerika etwas Zuspruch und Hilfe sucht. Der Sitznachbar entpuppt sich als Mann der Tat und des guten Zuhörens, so dass bald auch hier aus Interesse Zuneigung wird. Mehr als das, was aus dem Werbetext hervorgeht, will ich nicht vorwegnehmen, es lohnt sich aus meiner Sicht auf jeden Fall, diesen Roman bis zum Ende selbst zu lesen.
Die Autorin versteht es geschickt, die beiden Erzählstränge zu verknüpfen, es macht wirklich Spaß und erweckte meine Empathie für die Hauptfiguren dieses Buches. Eine moderne, erfrischende Sprache und ein nicht zu ausufernder Schreibstil lassen einen nur so durch die Seiten eilen, um recht bald zu erfahren, was sich noch ereignen wird. Die Charaktere der Protagonisten sind gut beschrieben, einzig Jo ist mir etwas fremd geblieben. Dagegen ist die Figur der Luise Adler einzigartig, wirklich nachvollziehbar und lebendig. Elfie als Gegenpart des zweiten Erzählstranges scheint mir jedoch eher einem Jugendbuch mit noch recht unfertigen Persönlichkeiten entsprungen, aber das ist nun wirklich subjektiv.
Zum Ende des Buches hatte ich aber trotz der flüssig laufenden Story das Gefühl, dass der Autorin die Puste etwas ausgegangen ist. Sollte sie sich vor Abgabe des Manuskripts auf eine genaue Seitenzahl festgelegt haben, hat sie wohl in den ersten 350 Seiten zu viel Pulver verschossen. Seien es Momente im elterlichen Zuhause, in der Wohngemeinschaft oder wo auch immer Luise sich aufhielt, überall war Leben drin, das echt wirkte. Zum Ende hin hätte ich mir genauso schöne und lebendige Szenen gewünscht, wie sie seit Beginn erzählt wurden.
Fazit: Ein Roman über die Nachkriegszeit, der sich mit anderen Romanen dieser Thematik, wie z. B. Stay away from Gretchen oder Als Großmutter im Regen tanzte durchaus messen kann. Lesenswert. Gute 4 Sterne.