Von Schuld und Sühne

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martinabade Avatar

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Zuerst einmal merken die Leser und Leserinnen sehr schnell, wess‘ Zunge Kind der Autor ist. Der österreichischen. Immer wieder gibt es Formulierungen oder Worte, über die der Liebhaber des Hochdeutschen stolpert oder schmunzelt.

Helmut Wlasak hat lange Jahre in verschiedenen Positionen in der Justiz verbracht, als Polizist, als Strafrichter in Graz. Nun hat er offensichtlich diese Zeit Revue passieren lassen und die skurrilsten, berührendsten oder komischsten Fälle so bearbeitet, dass sie in das Licht der lesenden Gemeinschaft treten können. In ca. 30 schlaglichtartig skizzierten Texten lernen wir die kriminelle Personnage kennen. Diebstahl, Betrug, Drogenbesitz und –schmuggel, Bandenkriminalität. Aber auch querulatorisches Irresein. Mal mit Pointe, mal ohne.

Wer die beklemmende Tiefe und Kälte der Erzählbände von Ferdinand von Schirach „Schuld“, „Strafe“ und „Verbrechen“ erwartet, wird enttäuscht. Hier geht es im Allgemeinen leichter zu. Wlasak erzählt sprachlich unauffällig (abgesehen vom charmanten Idiom), aber anschaulich und mit Humor. Er berichtet über Fälle bei Gericht, von Dieben und Betrügern; von denen, die es immer versuchen, aber nie Erfolg haben. Von Dummköpfen und den tragischen Naiven.

Manch eine Episode kann eine Nachttischlektüre sein, aber längst nicht alle. So zum Beispiel „Inge“, die Geschichte einer alten Dame, die sich, erschöpft von der jahrzehntelangen Pflege ihrer mehrfach behinderten Tochter, zu einem erweiterten Suizid entschließt. Oder die Verhandlung gegen „Edith und Erika“, die zur Bekämpfung von Einsamkeit durch alkoholische Vergnügungen regelmäßige Einbrüche auf dem Außengelände eines Baumarktes begehen. Stichwort: Gartenzwerg. Bittersüß.