Wie spannend Literatur doch sein kann

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mike nelson Avatar

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Wie spannend Literatur doch sein kann. Das beweist Kristina Hauff in ihrem neuen Roman "In blaukalter Tiefe". Von der ersten Zeile an deutet alles auf eine dramatische Zuspitzung hin. Sehr schnell ist klar, dass der Segeltörn in die schwedischen Schären bei dieser Personenkonstellation nicht gutgehen kann. Da ist Andreas, der erfolgreiche Anwalt und Miteigner einer ebenso erfolgreichen Kanzlei, da ist seine Frau Carolin, die ebenso erfolgsverwöhnte Redaktionsleitung eines Lifestylemagazins (die allerdings kurz vor der Reise ihren Job verloren, dies aber bislang verschwiegen hat); da ist der jüngere Daniel, Mitarbeiter in Andreas' Kanzlei, der gerne zum Partner aufsteigen würde (sich deshalb entsprechend viel von der Reise verspricht) und seine junge Freundin Tanja, Altenpflegerin, die 'Erfolg' für sich und ihr Leben völlig anders definieren würde. Und schließlich der geheimnisvolle und charismatische Skipper Eric. Natürlich gibt es einen Sturm und auch ein Unglück... das Großartige ist aber die Art und Weise, wie Kristina Hauff es versteht, Beziehungsdynamiken zu beschreiben, Beziehungen zu sezieren, an Oberflächen kratzen und hinter die Fassaden blicken zu lassen. Die Autorin lässt ihre Protagonisten innere Konflikte ausagieren: Was tun, wenn Beziehungen in die Jahre kommen, wenn die Gesundheit dem beruflichen Stress nicht mehr standzuhalten droht? Was tun mit der Sucht nach Anerkennung? Für die Karriere die Liebe aufs Spiel setzen? "In blaukalter Tiefe" reiht sich ein in die Tradition von 'Der Gott des Gemetzels' - legt die Handlung aber in eine Landschaft, in eine Natur, die bewundert werden will, vor der man sich aber genausogut fürchten kann: Die Natur als Abbild des Zwischenmenschlichen. Ein überaus gelungenes Werk!