Nach vorne leben, aber die Vergangenheit verstehen

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emmmbeee Avatar

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Miriams Mann, ein Journalist, wurde vor kurzem erschossen. Sie arbeitete in derselben Redaktion wie er, hat aber die Stelle gewechselt und ist nun bei einer Frauenzeitschrift tätig. Mit der Vorbereitung zur Verleihung eines renommierten Preises beauftragt, bearbeitet sie die Gesuche um den Preis, zusammen mit der Spenderin Dorothea Sartorius. Unter den Briefen befindet sich ein anonymes Schreiben: «Fragen Sie Dorothea nach Marguerite». Miriam kommt bei Frau Sartorius aber nicht weiter, lediglich ein Name kann ihr als Hinweis weiterhelfen. Erschreckende Dinge aus früheren Terroraktionen kommen ans Tageslicht, und plötzlich sieht sich die junge Witwe mit der eigenen Vergangenheit konfrontiert, von der sie längst Abstand genommen hat. All dies kommt zu ihrer Trauer um den verstorbenen Ehemann, und der aufgeweckte Sohn fordert ebenfalls viel von ihrer Aufmerksamkeit. Ausserdem sind da noch zwei Männer, die um sie werben und ihr die Entscheidung nicht eben leicht machen.
Für den Leser stellen sich die Fragen: Was ist Wahrheit? Kann man sich denn jemals von der eigenen Vergangenheit distanzieren, oder wird man für immer von ihr verfolgt? Die RAF ist bisher noch nicht oft in der Belletristik thematisiert worden, vielleicht war die Zeit bisher noch nicht reif.
Ein rasant und anschaulich geschriebener Roman mit schlüssigem Aufbau, der tief schürft und in persönliche Abgründe blicken lässt. Bei sympathisch beschriebenen Personen fällt es schwer, über mögliche Schuld zu urteilen, und doch kann der Leser am Schluss des Buches nicht unbeteiligt aussteigen. Empfehlenswert für alle, welche die Zusammenhänge der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts und die Entwicklung ihrer aktiv daran beteiligten Menschen besser verstehen möchten.