Solider Frauenroman mit einer Prise deutscher Geschichte

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miltonia 01 Avatar

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Die Journalistin Miriam, die vor einiger Zeit ihren Mann verloren hat und nun allein mit ihrem Sohn Max lebt, bereitet für den Verlag einer Frauenzeitschrift, bei dem sie arbeitet, eine große Preisverleihung vor. Es sollen außergewöhnliche Projekte für Zivilcourage geehrt werden, das Preisgeld wird gestiftet von einer angesehenen und bekannten Reeders-Witwe aus Hamburg, Dorothea Sartorius.

Überraschend bekommt Miriam die Möglichkeit, ein Interview mit Frau Sartorius führen zu dürfen und bekommt dabei ganz überraschende Einblicke in das Leben dieser sonst so unnahbaren und diskreten Frau. Gleichzeitig bekommt Miriam aber in die Redaktion immer wieder rätselhafte anonyme Briefe, die irgendwie auf eine Missetat von Frau Sartorius hinzudeuten scheinen.

Und so beginnt sie zu recherchieren. Gleichzeitig hat sie aber immer noch mit der tiefen Trauer und dem Kummer um ihren getöteten Mann zu kämpfen und muss dabei auch auf ihren Sohn und dessen Gefühle achten, der ebenfalls noch sehr leidet. Diese Gemengelage kann ich sehr gut nachfühlen und die beiden tun mir sehr leid, die Gefühle angesichts eines so sinnlosen Todes hat die Autorin wirklich sehr gut beschrieben, auch die immer wieder kehrenden Trauer- und Panikattacken.
Bei einem Kurzurlaub an der Schlei bekommt Miriam entscheidende Hinweise, dass Dorothea wohl in das Umfeld von RAF-Sympathisanten eingebunden war.

Und hier kommen für meinen Geschmack viel zu viele Zufälle, Mysterien und Vorhersehungen ins Spiel, so dass dieser Teil nicht besonders glaubwürdig ist.
Miriam muss nun ihre Erkenntnisse für sich werten und entscheiden, in wie weit sie damit in die Öffentlichkeit geht und damit auch ein ganzes Stück in das Leben von Dorothea Sartorius eingreift. Erschwerend kommt noch hinzu, dass es da den geheimnisvollen Mann Bo gibt, der ebenfalls in die Geschichte mit eingebunden ist …
Dieser Zwiespalt wird im Buch für mich sehr gut dargestellt, was war damals richtig und falsch, wie stehen wir heute zu Teilen unserer deutschen Geschichte, wissen wir heute wirklich immer alles besser und dürfen deshalb urteilen? Und wie sehr dürfen wir ins Leben anderer Menschen eingreifen und sei es auch aus besten Absichten? Das regt wirklich zum Nachdenken an.
Abseits davon haben mir die Schilderungen der Schleilandschaft und des Hamburger Lebens sehr gut gefallen, ich mag beide Gegenden sehr gerne und finde sie sehr gut beschrieben.

In Summe ein sehr schöner spannender Roman um Liebe und Verlust, Suche nach Wahrheiten und einem Stückchen neuerer deutscher Geschichte, das für meinen Geschmack noch etwas ausführlicher hätte ausfallen können.