Der stumme Frühling am Saum der Gezeiten

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Theresia Graw zählt zu meinen Lieblingsautorinnen, ihre Gutsherrin-Trilogie habe ich verschlungen. Auch mit ihrem neuen Buch In uns der Ozean, einer Romanbiographie über die Meeresbiologin, Umweltschützerin und Bestsellerautorin Rachel Carson, konnte sie mich begeistern.
„Eine Welt ohne Vögel, ohne Schmetterlinge, ohne Bienen. Stellen Sie sich vor, wie still es in der Natur wäre, ohne den Gesang der Drosseln und Meisen im Wald, ohne Lerchen über den Feldern. Ein stummer Frühling – wäre das nicht traurig?“ (S. 283)
Die Autorin schreibt über das Leben von Rachel Carson im Zeitraum zwischen 1929 und 1963. Einen Großteil ihres Berufslebens hat sie dem Kampf gegen den flächendeckenden, weltweiten Einsatz von DDT gewidmet, einem Schädlingsbekämpfungsmittel, der nicht nur auf Flöhe und Mücken, sondern auch auf Vögel, Fische, Tiere und Menschen tödliche Auswirkungen hatte.
Zwischendurch sind kurze Kapitel vom 3. April 1963 eingestreut, dem Tag, an dem Rachel im Fernsehen auftritt, um über ihr Buch Der stumme Frühling zu sprechen und auf die Gefahren von DDT hinzuweisen.
Rachels Liebe zum Meer wird 1929 während ihres Aufenthalts am Ozeanologischen Forschungsinstitut von Woods Hole auf Cape Code entfacht.
Als Redakteurin bei der US-Fischereibehörde schreibt sie Geschichten über das Meer, die Fische und Meeresvögel für eine Radiosendung, die sehr gut bei den Hörer*innen ankommen. Später schreibt sie für die Wochenendausgabe der Daily Sun.
1941 erscheint ihr erstes Buch „Unter dem Meerwind“, 1951 „Das Meer um uns“, 1955 „Am Saum der Gezeiten“, alle ihre Bücher erobern für Wochen die New York Times-Bestsellerliste.
1954 erfüllt sich Rachel mit dem Kauf eines Hauses in Southport Island an der Küste von Maine ihren Traum vom Leben am Meer. Hier verbringt sie ihre schönsten Jahre.
Während des Krieges hört und liest Rachel zum ersten Mal von der „Wunderwaffe“ DDT, einem Schädlingsbekämpfungsmittel gegen Flöhe und Mücken, mit dem auch Malaria bekämpft wird. DDT wird frenetisch gefeiert. Als sie in einem Artikel auf die toxische Wirkung des Mittels hinweist, verliert sie ihren Job bei der Daily Sun.
Neben ihrem beruflichen Werdegang erfahren wir sehr viel über ihr Familien- und Liebesleben. Nach dem frühen Tod ihrer Schwester hat sie ihre beiden Nichten adoptiert, später kümmerte sie sich um ihren Großneffen und ihre betagte Mutter. Als Leiterin der US-Fischerei- und Wildtierbehörde findet sie nur wenig Zeit zum Schreiben, weswegen nur alle paar Jahre ein Buch von ihr erscheint.
Rachel musste sich ihr Leben lang als einzige Frau unter Männern behaupten. Selten wurde sie von ihren Kollegen als ihresgleichen akzeptiert, bei der Daily Sun wurde sie mit den Worten begrüßt: „So eine hübsche Miss. Jammerschade eigentlich, dass Sie sich hier abrackern, anstatt jemanden zu Hause glücklich zu machen.“ (S. 87)
Ihr Liebesleben ist kompliziert. Sie lehnt den Heiratsantrag eines Kollegen ab und verliebt sich in ihre Nachbarin und Freundin Dorothy Freeman. Eine Liebe, die sie ihr Leben lang geheim gehalten hat. Erst viele Jahre nach Rachels Tod hat Dorothys Enkelin Liebesbriefe, die sich die beiden Frauen fast täglich geschrieben haben, veröffentlicht. Ihren Erfolg im Kampf gegen DDT hat Rachel Carson nicht mehr erlebt, sie starb 1964 an den Folgen einer langjährigen Krebserkrankung.
In uns der der Ozean ist eine informative, sehr einfühlsam geschriebene Romanbiographie über die Frau, die als Amerikas erste Umweltschützerin in die Geschichte eingegangen ist. Von mir bekommt auch dieses Buch von Theresia Graw fünf Sterne und eine Leseempfehlung für alle, die die Natur lieben und Rachel Carsons leidenschaftlichen Einsatz für die Erhaltung der Flora und Fauna in Amerika und auf der ganzen Welt miterleben möchten.