Beängstigend

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poutschie Avatar

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An ihrem „richtig schlechten Tag“ lässt Frida ihre kleine Tochter kurz allein. Besorgte Nachbarn hören das Kind schreien, alarmieren die Polizei und Frida gerät unverhofft in die Räder des Systems… Trotz dessen, das ihr Vergehen eher milde ist und sie sich niemals zuvor etwas zu Schaden hat kommen lassen, wird ihr die Fürsorge für das Kind vorläufig entzogen. Um die Fürsorge wiederzuerlangen, wird ihr angeboten, an einem neuen Projekt zur Resozialisation teilzunehmen, welches durch die Möglichkeiten der Digitalisierung fast „unfehlbar“ ist. Fortan lernt sie eine „gute Mutter“ zu werden, wobei das System die Kriterien bestimmt, wie eine gute Mutter zu sein hat.

Mich hat das Buch gleichermaßen in den Bann gezogen, wie auch geängstigt. Jasemin Chan zeichnet eine dystopische Zukunft, in welcher sich Regime und System aus Angst vor menschlicher Fehlbarkeit ausschließlich auf künstliche Intelligenz und der Auswertung von Daten verlassen. Ihnen wird alles untergeordnet, frei nach dem Motto: „Digitale Daten lügen nicht“. Der Deckmantel des Ganzen ist ein „Wir helfen Dir, eine gute Mutter zu werden.“ Die Folgen sind jedoch totale Überwachung, Behördenwillkür, der Verlust der Selbstbestimmung sowie das Lehren von Instinkten nach Lehrbuch und nicht nach natürlicher Veranlagung. Es erfolgt eine Gleichmacherei zum vermeintlichen Wohle der Kinder. Jedes Auflehnen, jedes Hinterfragen wird als Hinterfragen des Systems = schlechter Mensch gewertet.

Bleibt zu hoffen, dass die Fiktion, die Chan hier beschreibt, nicht in naher Zukunft zur Realität wird bzw. es vielleicht schon ist. Immerhin sind die Möglichkeiten einer KI in echt aussehenden Kinderpuppen, eine permanente Auswertung des eigenen Körpers (Herzfrequenz, Atmung usw.) durch Trackingbänder sowie die externe Auswertung von Videomaterial schon da.